Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

32 Erstes Kapitel 8. Juli 
letztere keinerlei Beruf und Befugnis hätten, sich einzumischen und 
den Spaniern Vorschriften zu machen. — In der nichtoffiziösen 
Presse dagegen soll starke Verwunderung über die Anmaßung Frank— 
reichs ausgesprochen werden, die sich in den Kammerverhandlungen 
in betreff der Frage breit gemacht und geredet habe, als ob man 
hier berechtigt sei, über den spanischen Thron zu verfügen, und als 
ob man nicht bedacht habe, daß ein solches Vorgehen ebenso ver— 
letzend für den spanischen Nationalstolz als förderlich für republi— 
kanische Tendenzen sei. Man werde nicht irren, wenn man darin 
einen neuen Beweis erblicke, auf welche Abwege man mit dem 
persönlichen Regiment gerate. Es scheint, als ob die Kaiserin, die 
das angeregt habe, einen neuen spanischen Erbfolgekrieg entbrennen 
zu sehen wünsche. 
Ein am 8. Juli abends mir übergebner Brief Buchers führte 
den letzten Satz des Telegramms weiter aus. Es heißt da: 
„Eugenie hat sich darin gefallen, gegen Isabella vor 1868 die ge— 
horsame Unterthanin und seit der Septemberrevolution die gnädige 
Protektorin zu spielen. Sie hat ohne Zweifel die Abdikationsfarce 
in Szene gesetzt und ist jetzt wütend. Sie hetzt ihren Mann und 
die Minister. Als spanischer Parteimann oder Parteifrau würde sie 
den Intriguen und Gelüsten einer verfaulten Dynastie den Frieden 
und den Wohlstand Europas opfern. 
„Lassen Sie gefälligst das Thema: »Neuer Erbfolgekrieg im 
neunzehnten Jahrhundert« recht instrumentieren. Es ist dankbar, 
namentlich in den Händen eines Korrespondenten, der sich die ge— 
schichtlichen Details etwas auf Parallelen, vorzüglich auf solche 
ex averso ansieht. Haben die Franzosen noch nicht genug mit 
Ludwig XIV., mit Napoleons Erfahrungen in Spanien, mit dem 
Feldzuge des Herzogs von Angouleme zur Exekution der Beschlüsse 
der Konferenz von Verona? Haben sie hiermit und mit den spa- 
nischen Heiraten von 1846 noch nicht genug Haß gesät? 
„Auf die Redakteure, die etwa durch die Börse eingeschüchtert sind, 
würde, wo möglich, persönlich einzuwirken sein durch die Vorstellung, 
daß, wenn die deutsche Presse dem Skandal der französischen schüchtern 
begegnete, die Franzosen immer unverschämter werden und auch in 
andern Fragen, die Deutschland näher angehen, unerträgliche An- 
sprüche machen würden. Eine feste kühle Haltung mit etwas Spott
	        
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