Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

25. Juli Erstes Kapitel 51 
verschaffen sich namentlich durch ihr dreistes, gewaltthätiges Auf— 
treten die Bewundrung unter ihresgleichen. Sie gelten auch bei 
uns vielen, die nicht tiefer sehen, für gescheit, ihre Regierung für 
gute Politiker, weil sie überall renommieren, anmaßend dreinreden, 
sich in aller Leute Angelegenheiten mischen und alle beherrschen 
wollen. . . . Dreistes Auftreten imponiert immer. Man denkt an 
feine politische Berechnung; 's ist aber nur, weil sie immer drei— 
malhunderttausend Mann bereit halten, um ihre Politik zu unter— 
stützen. Damit allein haben sie allerlei durchgesetzt, nicht mit ihrem 
politischen Verstande. Dieses Vorurteil muß bei uns schwinden 
Sie sind im vollsten Sinne eine bornierte Nation in politischen 
Dingen. Sie haben keine Vorstellung, wie es außerhalb Frank- 
reichs aussieht, lernen davon nichts in ihren Schulen. Daher auch 
ihre Einbildung und Selbstüberschätzung. Die französischen Unter- 
richtsanstalten lassen ihre Zöglinge in majorem Franciae gloriam 
in krasser Unwissenheit über alles Auswärtige, und so haben sie die 
albernsten Vorstellungen von den Nachbarvölkern. . . . 's ist mit 
dem Kaiser — von Gramont nicht zu reden, der ist ein Rindvieh — 
ebenso oder doch nicht viel besser. Er ist, obwohl auf deutschen 
Schulen erzogen, im Grunde unwissend — Cäsar sollte das ver— 
decken — er hat alles wieder vergessen. . . A Seine Politik war 
stets dumm. Der Krimkrieg ging gegen das Interesse Frankreichs, 
das auf ein Bündnis mit Rußland, wenigstens auf gutes Einver— 
nehmen mit dem hinweist, der italienische Krieg ebenfalls; denn er 
schuf einen Rivalen am Mittelmeer, in Nordafrika, Tunis u. s. w., 
der einmal gefährlich werden kann. Das italienische Volk ist viel 
begabter als das französische, nur schwächer an Zahl. Der Krieg 
in Mexiko, das Verhalten im Jahre 1866 waren lauter Mißgriffe, 
und wenn man jetzt so tobt und lärmt, so ist wohl das Bewußt- 
sein dabei, daß man wieder eine Dummheit begangen hat.“ 
25. Juli. Graf Bismarck nimmt heute früh elf Uhr oben 
in seiner Wohnung mit den Seinigen das heilige Abendmahl. Er 
läßt anfragen, ob jemand aus unserm Büreau sich daran beteiligen 
wolle, aber es meldet sich niemand dazu. Ich war einen Augen- 
  
1 L Histoire de Jules Cesar. — Ahnliche Urteile bei Poschinger, Tisch- 
gespräche und Interviews I, 139. 154. 
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