Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

52 Erstes Kapitel 27. Juli 
blick geneigt, überlegte mirs aber anders. Es konnte so aussehen, 
als wolle man sich damit empfehlen. 
Der Benedettische Vertragsentwurf geht in Abschrift an Auber 
(französische Korrespondenz) und Heide ab. 
27. Juli. Bei Braß und in der Spenerschen Zeitung soll 
gesagt werden, die Diskretion in betreff vertraulicher Mitteilungen 
zwischen großen Regierungen werde gewöhnlich sorgfältiger beobachtet 
und aufrecht erhalten, als das Publikum glaube. Nach der fran— 
zösischen Entstellung des Verhältnisses Preußens zu der spanischen 
Thronkandidatur (in der Gramontschen Depesche vom 21. Juli) sehe 
man sich aber diesseits gezwungen, jede Rücksicht schweigen zu lassen, 
und so sei die Veröffentlichung des Benedettischen Vorschlags er— 
folgt, und es könne noch mehr der Art erfolgen. „Indiskreten 
Lügen gegenüber — so schloß der Graf diese Information — sind 
wir berechtigt, wenigstens mit Diskretion die Wahrheit zu sagen.“ 
Bucher bringt mir folgenden Entwurf zu einem Aufsatz für 
die Presse vom Minister herunter: „Die jetzt in ihrem Wortlaute 
vorliegende Depesche des Herzogs von Gramont ist ein krampf- 
hafter Versuch der französischen Regierung, als Grundlage der 
Situation, die sie herbeigeführt hat, die hohenzollernsche Thron- 
kandidatur festzuhalten und die bei vielen andern Gelegenheiten ein- 
gestandnen Motive, die Eroberung des linken Rheinufers und 
Belgiens für Frankreich, zu verdecken. Die Widersinnigkeit der 
ganzen Behauptung geht schon daraus hervor, daß das Anerbieten 
des spanischen Thrones an den Erbprinzen von Hohenzollern erst 
durch ein vom 17. Februar dieses Jahres datiertes Schreiben ge- 
langt ist, also Gespräche, die im März 1869, veranlaßt durch 
Wünsche oder Vorschläge, die damals zahlreich in der Presse auf- 
tauchten (auch in betreff des Prinzen Friedrich Karl), stattgefunden 
haben können (zwischen von Thile und Benedetti), zu diesem An- 
erbieten in keiner Beziehung stehen. Im Dezember 1851 gelang 
es dem Präsidenten Louis Napoleon, im In= und Auslande 
Fiktionen so lange Glauben zu verschaffen, als zur Erreichung 
des Zweckes nötig war. Die jetzt, etwas spät, ausgestellte Fiktion, 
daß der Erbprinz von Hohenzollern ein Kandidat Preußens ge- 
wesen sei, ist im voraus widerlegt durch die längst bekannten 
Thatsachen, daß die Staatsregierung wie die Bundesbehörden ganz
	        
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