60 Zweites Kapitel 11. August
des Ministers, daß man gleich nach Mittag weiter zu gehen vor-
habe. Ich verabschiedete mich nun von meinen Berliner Reise-
gefährten, für die in dem Wagenzuge des Ministers kein Platz
übrig war, und von unserm Londoner, von dessen patriotischem
Anerbieten General Roon mit Bedauern keinen Gebrauch machen
zu können erklärt hatte. Dann schaffte ich meinen Koffer aus dem
Gasthofe auf den Küchenwagen, der mit andern Fuhrwerken unten
an der Saarbrücke aufgefahren war. Nachdem dies besorgt war,
kehrte ich in das Haldysche Haus zurück, wo ich mich dem Kanzler,
der eben aus seinem Zimmer trat, um sich zum Könige zu begeben,
auf dem Vorsaale vorstellen konnte, worauf ich das nebenan etablierte
Büreau aufsuchte, um zu fragen, ob es für mich zu thun gebe. Es
gab genug zu thun; die Herren hatten alle Hände voll, und ich
bekam unverzüglich in der speben eingetroffnen, für den König zu
übersetzenden Thronrede Ihrer Britischen Majestät meinen Anteil
davon. Von höchstem Interesse, wenn auch noch nicht recht ver-
ständlich war mir dann die Erklärung in einer nach Petersburg
bestimmten Depesche, die man mir einem der Chiffreure zu diktieren
gab, man werde sich unfrerseits mit dem etwaigen Sturze Napoleons
nicht begnügen können.
Das sah ja wie das Aufdämmern eines Wunders aus. Straß-
burg! Vielleicht die Vogesengrenze! Wer hätte sich vor drei Wochen
davon auch nur träumen lassen?
Das Wetter hatte sich inzwischen aufgeklärt. Kurz vor ein Uhr
hielten bei stechender Sonne die Wagen vor den zur Hausthür
hinaufführenden Steinstufen, alle vierspännig, Soldaten auf den
Sattelpferden, ein Wagen für den Kanzler, einer für die Räte und
den Grafen Bismarck-Bohlen, einer für den geheimen expedierenden
Sekretär und die beiden Chiffreure. Nachdem der Minister mit dem
Geheimrat Abeken in dem seinen Platz genommen, und sein Vetter
sowie die beiden andern Räte sich zu Pferde gesetzt hatten, verfügten
sich auch die übrigen mit ihren Aktenmappen in ihre Wagen. Ich bestieg
für diesmal sowie später, wenn die Herren ritten, den der Räte.
Fünf Minuten nachher überschritten wir den Fluß und kamen in
die lange Hauptstraße von Saarbrücken. Dann ging es die von
Pappeln beschattete Chaussee hinauf, die am Schlachtfelde des
6. August vorbei nach Forbach führt, und schon in einer halben