26. Januar Achtzehntes Kapitel 91
hätte mit der Krone zu thun. Das war unvorsichtig, undiplomatisch,
das befriedigte ihn offenbar nicht, und es half auch nichts, daß ich
ihm das Geld gleich geben wollte. Er fürchtete ohne Zweisel, daß
ihm das von mir wieder abgedrückt werden würde, und daß man
ihn obendrein acht Tage einstecken würde und Prügel aufzählen.“
Er teilte davon ein Beispiel mit. Dann schloß er: „Am andern
Morgen war er mit seinem Holze verschwunden.“
Bohlen rief über den Tisch hinüber: „Ach, erzähle doch mal
die hübsche Geschichte von dem Juden mit den zerrissenen Stiefeln,
der fünfundzwanzig kriegte.“
Chef: „Ja, das war so. Eines Tages kam in unsre Kanzlei
ein Jude, der als mittellos nach Preußen zurückbefördert sein
wollte. Er war aber sehr abgerissen und hatte besonders Stiefel
an, aus denen allerdings die nackten Zehen heraussahen. Man
sagte ihm, ja, er sollte befördert werden; aber er wollte vorher
andre Stiefel haben, es wäre so kalt, und beanspruchte das als ein
Recht und trat so dreist und unverschämt auf, schrie und schimpfte,
daß die Herren sich vor ihm nicht zu helfen wußten. Auch die
Diener getrauten sich nicht an den wütenden Menschen. Da wurde
endlich, als der Spektakel zu arg geworden war, ich zu körperlicher
Hilfe herbeigerufen. Ich sagte ihm, er solle ruhig sein, sonst würde
ich ihn einsperren lassen. Er erwiderte: »Das können Sie nicht
dazu haben Sie in Rußland gar kein Recht.« — „ Das wollen wir
sehen,« sagte ich. »Ich muß Sie allerdings nach Hause schaffen,
aber Stiefel brauche ich Ihnen nicht zu geben, wenn ichs auch viel—
leicht gethan hätte, und vorher, weil Sie sich ungebührlich auf—
geführt haben, werden Sie Ihre Strafe bekommen.« — Er sagte
wieder, das könnte ich hier gar nicht. Da machte ich das Fenster
auf und winkte einem Gorodowoj, einem russischen Polizeimanne,
der ein Stück davon seine Station hatte. Mein Jude fuhr fort,
zu schreien und zu schelten, bis der Polizeimann, ein großer starker
Mensch, hereinkam. Zu dem sagte ich: (russische Worte) »Nimm
ihn mit — einstecken bis morgen — und fünfundzwanzig.« Und
der große Schutzmann nahm den kleinen Juden mit und steckte ihn
ein. Den andern Vormittag aber kam der wieder an, ganz um—
gewandelt, sehr demütig, und erklärte sich zur Abreise ohne Stiefel
bereit. Ich fragte, wie es ihm gegangen wäre inzwischen. — Schlecht