Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

27. Januar Achtzehntes Kapitel 95 
Beim Frühstück wurde dann noch erwähnt, daß Forckenbeck 
auf der Herfahrt bei der durch aufständische Bauern zerstörten Eisen- 
bahnbrücke das von unsern Truppen zur Strafe angezündete Fontenay 
habe lichterloh brennen sehen, und Delbrück freute sich mit uns, 
„daß doch endlich einmal wieder eine ordentliche Strafe stattge- 
funden habe.“ 
Als ich unfrer Gärtnersfrau heute bemerkte, nun würde sie 
wohl nicht mehr zweifeln, daß der Fall von Paris ganz nahe wäre; 
sie hätte doch wohl den General gesehen, der zu Unterhandlungen 
herausgekommen wäre, antwortete sie wütend wie eine böse Katze: 
„Dieser General ist ein Verräter (sie sprach das Wort traitre wie 
trait aus) wie Bazaine und wie Napoleon, das Schwein, das den 
Krieg mit den Preußen angefangen hat, als wir noch nicht bereit 
waren. Alle unfre Generale sind Verräter, und Monsieur Favre 
ist auch einer. — Aber haben wir nur erst eine sichre Regierung, 
so machen wir euch wieder den Krieg, und dann — tou les Prussiens 
capot, capot, capot!“ — Ich bemerkte: „Vielleicht haben Sie in 
acht Wochen den Kaiser wieder.“ — Sie entgegnete giftig, die Arme 
in die Seiten gestemmt: „Mais non, Monsieur! Der muß in Deutsch- 
land bleiben. Wenn der nach Paris kommt, schicken wir ihn auf 
das Schafott, und Bazaine auch.“ Zuletzt äußerte sie, Frankreich 
wäre zu Grunde gerichtet, und sie mit ihrer Familie auch; denn 
Madame Jessé wäre genau, sie habe von ihrem Vermögen verloren 
und würde sich nun keinen Gärtner mehr halten, sondern ihren 
Garten bloß durch Tagelöhner besorgen lassen. Die arme kleine 
Gärtnersfrau. Hoffen wir, daß es ihr besser ergeht. 
Nachmittags hörte man, daß der Kanzler kurz vor ein Uhr 
zuerst zum Kaiser gefahren sei und sich dann zu Moltke begeben 
habe, wo er nebst Podbielski wieder mit den Franzosen zusammen- 
getroffen sei. Diese haben sich darauf gegen vier Uhr nach Paris 
zurückverfügt und wollen morgen gegen Mittag wiederkommen, um 
die Kapitulation abzuschließen. 
Ich las einen Brief an den Chef mit Zeitungsausschnitten, den 
er mir heute morgen zu beliebiger Benutzung übergeben hatte, und 
nach dessen Inhalt englische Hansnarren den Minister immer noch 
mit sentimentalen Zuschriften belästigen. Es hieß darin: 
„Ich schicke Ihnen Ausschnitte aus dem Standard und der
	        
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