Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

96 Achtzehntes Kapitel 27. Januar 
Times, worin Sie etwas von dem grausamen und unmenschlichen 
Verfahren der Preußen in diesem Kriege bemerken werden. Wollte 
Gott, Sie könnten es widerlegen! Hier zu Lande blutet uns das 
Herz darüber, und wir wundern uns, wie Soldaten einer gesitteten 
Nation so entsetzlich handeln können, und wie ihre Offiziere ihnen 
das erlauben, ja sie dazu sogar ermuntern können. Sie, Herr Graf, 
werden eines Tags, und zwar in nicht langer Zeit, die schreckliche 
und teuflische Weise zu bereuen haben, in der dieser höchst grau- 
same Krieg geführt wird.“ Unterschrieben war der Brief: A Soldier — 
but no Murderer. 
Dieser „Soldat“ war offenbar nicht mit in Indien gegen die 
Sipoys zu Felde gezogen und hatte seine Landsleute im Krim- 
kriege nicht harmlose Dörfer und Städtchen der russischen Ostseeküste 
niederbrennen sehen. Er hatte auch nicht davon gelesen oder gehört. 
Er hatte endlich seine Zeitungsausschnitte nicht genau gelesen, sonst 
würde er in dem einen Bericht über Repressalien, die man wegen der 
Ermordung von Landwehrleuten durch Garibaldianer (bei Chatillon) 
vorgenommen hat, die Bemerkung des Berichterstatters, eines unfrer 
Artilleristen, nicht haben übersehen können: „Wir kämpfen nicht mehr 
gegen die französische Armee, sondern gegen Meuchelmörder." 
Später fuhr ich mit Landgraf nach Bougival, wo wir uns die 
vielbesprochne Pianinobarrikade genauer besahen und in einigen 
Häusern neben dem Barrotschen die Verwüstung betrachteten, die 
der Krieg in ihnen angerichtet hatte. Ich fand dort nicht sechs, 
sondern nur ein Pianino verwandt, hier aber sah es teilweise noch 
schlimmer aus als bei Barrot, und namentlich waren die Bibliothek 
und eine Sammlung alter Landkarten in dem einen Hause übel 
weggekommen. Die Soldaten erzählten, daß die über dem Orte 
aufgestellte deutsche Batterie, vom Eintritt des Waffenstillstandes 
nicht unterrichtet, diesen Morgen noch eine Anzahl von Schüssen 
abgegeben habe. Bei uns war davon nichts zu hören gewesen, und 
die Erzählung beruht wohl auf einem bloßen Gerüchte, das eine 
mißverstandne Außerung zum Grunde hat. 
Bei Tische sagte der Chef von Beaufort: „Dieser Offizier betrug 
sich wie ein Mann ohne irgendwelche Erziehung. Poltern und 
Schreien und die höchsten Eide und moi, génébral de H’armée 
francaise, daß es kaum auszuhalten war. Spielte sich fortwährend
	        
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