Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

104 Achtzehntes Kapitel 29. Januar 
Stadt Paris zahlt binnen vierzehn Tagen eine Kriegskontribution 
von zweihundert Millionen Franken. Während des Waffenstill— 
standes darf von öffentlichen Werten, die zu deren Zahlung dienen 
könnten, nichts entfernt werden. Desgleichen ist während dieser Zeit 
die Einfuhr von Waffen und Munition nach Paris untersagt. 
Beim Frühstück war Graf Henckel zugegen, der als Präfekt 
in Metz angestellt ist. Er behauptete, in seinem Departement 
würden die Wahlen nach Verlauf von etwa fünf Jahren gouver— 
nemental ausfallen, ja er getraue sich, schon jetzt solche zustande 
zu bringen. Dagegen stünde es im Elsaß nicht so gut, da die 
Deutschen nicht so gefügig gegen jede Autorität wären wie die 
Franzosen. Er erzählte auch, daß sein Departement allerdings sehr 
gelitten habe: es möchte zu Anfang des Krieges zweiunddreißig— 
bis fünfunddreißigtausend Pferde gehabt haben, jetzt aber habe es, 
wie er glaube, nicht über fünftausend mehr. Ferner erfuhr man 
beim Frühstück, es gehe das Gerücht, Bourbaki habe sich erschossen 
in der Verzweiflung darüber, daß er mit seiner Armee gegen Werder 
nichts ausgerichtet habe und nun vor diesem und Manteuffel habe 
den Rückzug antreten müssen. 
Nachmittags wurde ein Ausflug nach Petit-Chesnay unter— 
nommen, wo ich meine zur Rast dort eingerückten Sechsundvierziger 
wieder einmal besuchen wollte. Ich fand aber in dem betreffenden 
Hause einen mir unbekannten Offizier, der mir mitteilte, daß das 
Regiment heute früh beordert worden wäre, den Mont Valerien 
zu besetzen, und wahrscheinlich schon dort eingetroffen sei. Vor 
Tische wieder Konzepte gelesen, darunter ein Schreiben, worin der 
Chef dem Könige die Unmöglichkeit auseinandergesetzt hatte, von 
Favre nachträglich die Fahnen der in Paris internierten französischen 
Regimenter zu verlangen. 
Beim Diner waren Graf Henckel und der französische Adjutant 
von gestern als Gäste zugegen.“ Dieser heißt mit seinem vollen 
Namen d'Herisson de Saulnier und trug eine schwarze Husaren— 
uniform mit gelben Achselschnüren und Stickereien auf den Vorder— 
ärmeln. Es hieß, daß er deutsch verstünde und spräche, doch wurde 
die Unterhaltung, an der sich der Chef heiter beteiligte, meist fran— 
  
1 Darüber Hérisson bei Poschinger I, 64 ff.
	        
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