Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

122 Achtzehntes Kapitel 1. Februar 
hatten sie eine so wunderliche Kopfbedeckung eingeführt — wie ein 
Kaffeebeutel — weiß, von Filz, auch hatten sie Glockenschläger, an 
die ich nicht gewöhnt war. Ich aber hatte mir in den Kopf ge— 
setzt, ich wollte ihm die Spitze von dem Kaffeebeutel abhauen, und 
da gab ich mich bloß, und sein Hieb pfiff mir ganz nahe am Ge— 
sicht, doch bog ich mich noch zu rechter Zeit zurück.“ 
1. Februar, Mittwoch. Früh ziemlich heller Himmel, leichter 
Regen und Glatteis. Beim Frühstück wird erzählt, daß Gambetta 
in den Waffenstillstand gewilligt, sich aber gewundert habe, daß die 
Franzosen im Südosten von uns noch angegriffen worden sind. 
Favre hat nämlich in seiner Geschäftsunkunde unterlassen, ihm zu 
telegraphieren, daß der Krieg dort — beiläufig auf seinen eignen 
Wunsch — fortgesetzt wird. 1 Wir haben beim Frühstück Gäste, 
indem der Geheime Regierungsrat Scheidtmann aus dem Finanz- 
ministerium, ein etwas eigentümlicher Herr, Graf Dönhoff (der 
blaue und hübsche, nicht der rote und korpulente) und „mein Neffe, 
Graf York“ uns mit ihrem Besuche beehren. Es heißt, daß heute 
kein Franzose herauskommen werde. 
Das letzte war unrichtig. Um ein Uhr erschien Favre, um dann 
einige Stunden oben beim Chef zu arbeiten. Ich fuhr unterdes 
mit Landgraf über Ville d'Avray und den Park von Saint Cloud 
nach der Stadt gleichen Namens oder, eigentlicher gesprochen, nach 
dem Trümmerhaufen, den der seit mehreren Tagen in ihr wütende 
Brand von ihr übrig gelassen hat. Dabei nahm ich die angenehme 
Nachricht mit auf den Weg, daß Belfort kapituliert hat, daß der 
Rest von Bourbakis Armee, achtzigtausend Mann stark und unter 
Clinchants Befehl, vor unsern Truppen auf das Gebiet der Schweiz 
zurückgewichen ist, und daß somit der Krieg auch hier sein Ende 
gefunden hat,? was Bismarck-Bohlen mir auf der Treppe noch 
mitteilte. 
  
1 Weil er noch eine günstige Wendung für Bourbaki hoffte. 
2 am 1. Februar. Belfort wurde erst durch den Vertrag vom 15. Februar 
übergeben und am 18. besetzt. „Ich hatte den Kaiser seit den Tagen nach Sedan 
und der Kapitulation von Metz — nicht in einer so freudig erregten Stimmung 
gesehen,“ berichtet Schneider am 1. Februar, III, 173, weil nun Aussicht auf 
Frieden sei. „Freilich — die Verhandlungen, die nun begannen — schienen 
das Mißverhältnis zwischen dem Reichskanzleramte und dem Generalstabe des
	        
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