Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

1. Februar Achtzehntes Kapitel 125 
traf, fand ich den Chef schon mit den andern bei Tische. Gäste 
waren nicht zugegen. Der Minister sprach, als ich eintrat, gerade 
von Favre und sagte: „Ich glaube, er ist heute nur deshalb heraus- 
gekommen. Ich meine, infolge unsers gestrigen Gesprächs, wo ich 
nicht zugeben wollte, daß Garibaldi ein Heros wäre. Er hatte 
offenbar Angst um ihn, weil ich ihn nicht in den Waffenstillstand 
einschließen wollte. Wie ein echter Advokat zeigte er auf den ersten 
Artikel. Ich aber sagte ihm, ja, das wäre die Regel, hernach aber 
kämen die Ausnahmen, und zu denen gehörte der. Wenn ein Fran- 
zose gegen uns die Waffen trüge, so begriffe ich das, er verteidigte 
sein Land und hätte ein Recht dazu. Aber dieser fremde Abenteurer 
mit seiner kosmopolitischen Republik und seiner Bande von Revo- 
lutionären aus allen Winkeln der Welt, dessen Recht könnte ich 
nicht anerkennen. Er fragte dann, was wir mit ihm machen wollten, 
wenn wir ihn gefangen nähmen. ?O — sagte ich — wir werden 
ihn für Geld sehen lassen, mit einer Tafel um den Hals, worauf 
Undank steht.“ 
Er fragte dann: „Wo ist denn Scheidtmann?“ — Man gab 
Auskunft. — „Den hatte ich mir bei der Sache (dem Geschäft mit 
der von Paris zu zahlenden Kontribution von zweihundert Millionen) 
als juristischen Beistand gedacht. Er ist doch Jurist?“ 
Bucher erwiderte, nein, er habe überhaupt nicht studiert, sei 
ursprünglich Kaufmann gewesen u. dergl. 
Chef: „Na, in erster Linie soll Bleichröder ins Gefecht gehen. 
Der muß gleich nach Paris hinein, sich mit seinen Glaubensgenossen 
beriechen und mit den Bankiers reden, wie das zu machen ist. Er 
will doch kommen?“ 
Keudell: „Ja in einigen Tagen.“ 
Chef: „Bitte, telegraphieren Sie ihm doch, wir brauchten ihn 
gleich. — Dann kommt Scheidtmann. Er kann doch französisch?“ 
Man wußte es nicht. 
„Als Triarier denke ich mir dann Henckel. Der ist in Paris 
zu Hause und bekannt unter den Geldleuten. „Wir pflegen an der 
Börse auf glückliche Spieler zu pointieren,## sagte mir mal einer 
von der hohen Finanz, und wenn hier nach einem solchen pointiert 
wird, so ists Graf Henckel.“ 
Später wandte sich das Gespräch der Entwicklungsgeschichte
	        
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