4. Februar Achtzehntes Kapitel 141
Tugenden wiedergegeben, die Bonaparte in uns vergiftet hatte.
Ehre daher diesem grimmigen Feinde, der uns rettet, indem er uns
verderben will! Er beabsichtigt uns zu töten, und er ruft uns zur
Unsterblichkeit, und zu gleicher Zeit verleiht er unserm irdischen
Leben Schwung. Das Blut, das er vergießt, befruchtet das Vater-
land, die Zweige, die er abhaut, machen, daß der Baum sich mit
mehr Saft füllt. Ihr werdet sehen, wie wir größer werden, wenn
wir aus dieser furchtbaren aber heilsamen Umstrickung herauskommen.
Wir haben zwanzig Jahre des Vergessens unfrer Pflicht, der
Schwelgerei, des Knechtsinnes zu büßen. Die Heimsuchung ist grau-
sam, aber das Ergebnis wird glorreich sein, ich weise zum Zeugnis
dessen auf die mannhafte Haltung von Paris und auf den Hunger
nach Gerechtigkeit und Ehre hin, der unfre Brust schwellt. Wenn
man heutzutage vor dem Opernhause vorbeigeht, fühlt man sich von
Scham ergriffen. Diese Nacktheiten, die die kaiserliche Sonne so
hell erleuchtete, verletzen die Schamhaftigkeit der Republik, man
wendet sich ab von diesem symbolischen Denkmal eines andern Zeit-
alters, einer andern Stufe der Gesittung. Bismarck hat uns diesen
Puritanerstolz gegeben. Danken wir ihm dafür nicht, und zahlen
wir ihm mit männlichem Hasse diese unfreiwillige Wohlthat eines
Menschen heim, der mächtiger im Zerstören als im Gründen, leichter
verwünscht als mit Beifall begrüßt ist. Preußen hat aus ihm
seinen großen Mann gemacht, aber am 7. Mai 1866 bedauerte das
ganze Land gerührt das Los eines jugendlichen Fanatikers, eines
Studenten, der, in Bismarck einen Feind der Freiheit ahnend, fünf
Revolverschüsse auf ihn abgefeuert hatte.
„Bind (der Verfasser nennt den Stiefsohn Blinds auch weiter-
hin so) gehörte zu jener Klasse begeisterter Leute, zu der Karl Sand,
der Mörder Kotzebues, Friedrich Staps, der Napoleon in Schön-
brunn erdolchen wollte, und Oskar Becker, der Urheber des Attentats
auf den König von Preußen, zählen.! Bind täuschte sich nicht, wenn
er sich eine Römerseele zutraute; denn er verhielt sich nach seiner
Verhaftung stoisch, und er öffnete sich die Schlagader des Halses,
um dem Scharfrichter ein Opfer zu rauben. 1
„Wenn wir nun heute hörten, daß ein glücklicheres Attentat
1 14. Juli 1861 in Baden-Baden. Der Stiefsohn Blinds hieß übrigens Cohn.