2 Sechzehntes Kapitel 27. Dezember
ihren Anfang genommen habe. Es ist der Mont Avron, eine
Schanze bei Bondy, die unsre Belagerungsartillerie zunächst ins
Auge gefaßt hat, und die Sachsen scheinen die Ehre zu haben, die
ersten Schüsse abfeuern zu dürfen.1
Der Minister bleibt den ganzen Tag über im Bette, nicht
weil er besonders unwohl wäre, sondern, wie er mir sagt, um sich
gleichmäßig warm zu halten. Er kommt auch nicht zu Tische, wo
Graf Solms mit uns speist. Von der Unterhaltung dabei ist nur
zu notieren, daß Abeken erwähnt, der Kladderadatsch enthalte ein
recht hübsches Gedicht auf den Herzog von Koburg — vielleicht
ein Lobgedicht.
Die Bonapartisten scheinen sehr rührig geworden zu sein und
sich mit großen Plänen zu tragen. Persigny und Palikao haben
nach Bernstorffs Bericht die Absicht, Orleans von uns neutrali—
sieren zu lassen und dorthin das Corps législatif zu berufen, daß
es die Frage entscheide, ob Republik oder Monarchie sein, und,
falls es sich für die letzte ausspräche, welche Dynastie herrschen solle.
Man will damit aber noch einige Zeit warten, bis größere Nieder—
geschlagenheit gefügiger gemacht habe. Bonnechose beabsichtigt einen
Versuch zur Vermittlung des Friedens zwischen Deutschland und
Frankreich zu unternehmen. Der ist früher Jurist gewesen und erst
spät in den geistlichen Stand getreten. Er gilt für gescheit, steht
mit den Jesuiten in Verbindung und ist seines Zeichens eigentlich
Legitimist, hält aber viel von Eugenien, weil sie fromm ist; er war
ferner ein eifriger Förderer des Unfehlbarkeitsdogmas und erwartet
Papst zu werden, wozu er in der That einige Aussicht haben soll.
Er hat gegen den Professor Wagner, der von Manteuffel wegen
Lazarettangelegenheiten zu ihm geschickt worden ist, Äußerungen
gethan, nach denen er Trochu, mit dem er bekannt ist, zur über-
gabe von Paris bewegen zu können hofft, falls wir — nicht auf
Landabtretung bestünden. Statt dessen könnten wir ja, wie der
Herr Erzbischof gemeint hat, die Rückgabe von Nizza und Savoyen
an Viktor Emanuel verlangen und diesen dann nötigen, dem Papste,
dem Toskaner und der neapolitanischen Majestät ihr Land wieder-
1 Es waren 76 Geschütze in 13 Batterien, von preußischer und sächsischer
Festungsartillerie bedient.