Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

170 Neunzehntes Kapitel 22. Februar 
uns am Ende auch einen Orleans gefallen, obwohl wir wüßten, 
daß mit denen der Krieg in zwei oder drei Jahren wieder losginge. 
Wo nicht, so mengten wir uns hinein, was wir bis jetzt vermieden 
hätten, und sie kriegten Napoleon wieder. — Das muß doch auf 
ihn gewirkt haben; denn heute, wo er wieder von Europa anfangen 
wollte, hielt er plötzlich inne und sagte: »Entschuldigen Sie.« Übrigens 
gefällt er mir ganz gut, er ist doch ein feiner Kopf und hat gute 
Manieren und weiß sehr hübsch zu erzählen. Auch dauert er mich 
manchmal; denn er ist in einer schlimmen Lage. Aber es kann alles 
nichts helfen." 
Später kam der Kanzler auf die Besprechung zu reden, die er 
mit Thiers in betreff der Kriegskosten gehabt habe, und sagte: „Er 
wollte durchaus nur fünfzehnhundert Millionen bewilligen als Kriegs- 
kostenentschädigung, da man gar nicht glaube, wie viel ihnen der 
Krieg gekostet hätte. Und dabei wäre alles, was sie ihnen geliefert 
hätten, schlecht gewesen. Wo ein Soldat nur ausgerutscht und hin- 
gefallen wäre, hätte er schon keine ganzen Hosen mehr gehabt, so 
elend wäre das Tuch gewesen. Ebenso die Schuhe mit Sohlen aus 
Pappe, desgleichen die Gewehre, besonders die amerikanischen. Ich 
erwiderte ihm: ? Ja, denken Sie sich aber einmal, ein Mensch über- 
fällt Sie und will Sie prügeln, und wie Sie sich seiner erwehrt 
haben und mit ihm fertig sind, und verlangen nun Genugthuung — 
was werden Sie antworten, wenn er Ihnen damit kommt, Sie sollten 
doch Rücksicht darauf nehmen, die Ruten, mit denen er Sie hätte 
hauen wollen, hätten ihm so viel Geld gekostet und wären so schlecht 
gemacht gewesen?# — lbrigens ist zwischen fünfzehnhundert und 
sechstausend Millionen doch ein ganz artiger Unterschied.“ 
Die Unterhaltung verlor sich hierauf, ich entsinne mich nicht 
mehr, wie, in das Dunkel der polnischen Wälder und deren Sümpfe 
und drehte sich eine Weile um große einsame Bauernhöfe in diesen 
Gegenden und um Kolonisation in diesen „Hinterwäldern des Ostens,“ 
und der Chef bemerkte: „Früher, wo so vieles nicht war und nicht 
werden wollte, wie es sein sollte — auch in Privatangelegenheiten —, 
da dachte ich wohl manchmal auch, wenn es gar nicht mehr ginge, 
da wollte ich die letzten tausend Thaler nehmen und mir so einen 
Hof in den Wäldern dort anschaffen und da wirtschaften. Es kam 
aber anders.“
	        
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