Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

192 Zwanzigstes Kapitel 
zugegangen. Dieses habe es nicht für nötig gehalten, darauf zu 
antworten. Wenn es wenigstens seine Bedenken ausgesprochen, sich 
darüber geäußert, daß es an der schroffen Form des von ihm ver— 
langten Erlasses Anstoß nehme und die Versammlung veranlaßt 
hätte, die Form des Beschlusses milder zu gestalten, so würde die 
Lage der Sache eine ganz andre, eine glückliche für die Versamm— 
lung und für das Land geworden sein. Aber hiervon sei durchaus 
nichts geschehen. Die Nationalversammlung habe die Pflicht gehabt, 
das Ministerium darauf aufmerksam zu machen, daß es die Zustände 
und Bedürfnisse des Augenblicks nicht richtig würdige, und da es 
diesem Rate nicht gefolgt sei, so müsse es von ihr beauftragt werden. 
den Beschluß auszuführen: denn eine konstituierende Versammlung 
habe, so lange sie keinen Vollziehungsausschuß besitze, kein andres 
Organ als das Ministerium. Was den Inhalt des Beschlusses 
betreffe, so könne von einer Anderung nur die Rede sein, wenn 
die Umstände, die ihn vor vier Wochen diktiert hätten, jetzt nicht 
mehr dieselben wären. Dies aber sei nicht der Fall. Der Finanz- 
minister habe gesagt, man dürfe sich um die politische Gesinnung 
der Offiziere nicht kümmern, da das Heer nur eine gehorchende 
Macht sei. Aber gerade deswegen dürfe es nicht geduldet werden, 
daß einzelne Führer des Heeres offen Tendenzen verfolgten, die 
dem herrschenden Systeme zuwiderliefen und auf dessen Sturz be- 
rechnet seien. Mit Hindeutung auf die Gefahr, die der Finanz- 
minister in Aussicht gestellt hatte, schloß der Redner: „Ich ver- 
kenne die Schwüle des Augenblicks wahrlich nicht; aber eins weiß 
ich — und das erkläre ich zugleich im Namen meiner Freunde —, 
wir gehn unfrer Überzeugung getreu den geraden Weg und schrecken 
auch nicht vor dem zurück, was der Herr Minister uns heute ahnen 
läßt; denn wir wissen, daß die Verantwortlichkeit, die furchtbar 
schwere Verantwortlichkeit nicht auf unsre Häupter fällt." 
Im Abgeordnetenhause war Bucher für das Zustandekommen 
organisatorischer Gesetze in hervorragender Weise thätig. Eine be- 
sonders wichtige Rolle spielte er als Referent über den Antrag 
Waldecks, das Ministerium zur Aufhebung des am 12. No- 
vember 1848 über Berlin verhängten Belagerungszustandes zu ver- 
anlassen. Es fiel ihm, der hierbei vorwiegend wieder als Jurist 
sprach, nicht schwer, die Ungesetzlichkeit der Maßregel nachzuweisen;
	        
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