Zwanzigstes Kapitel 201
eigentlichen Elemente im Kreise der Ideen, die vor dem Auftreten
Bismarcks am Hofe und sonst unter den vornehmen Ständen sowie
unter dem höhern Bürgertum die gebildeten Geister vorzugsweise
anzogen. Niemals wohl ist er auch nur einen Augenblick in der
Politik ganz aufgegangen; im Gegenteil, ein Thema der Asthetik
schien ihm selbst in Stunden, die über Wohl und Wehe seines
Staates entscheiden wollten, mehr am Herzen zu liegen als eine
tüchtige Aktion auf dem Gebiete, wohin ihn sein Amt wies, und
nicht selten kam es vor, daß ihm, während andre sich um den
Ausgang einer politischen Krisis sorgten, die Augen nach ganz ent—
gegengesetzter Richtung standen, sodaß ihm z. B. der oder jener
Vers eines alten oder neuen Dichters durch den Kopf und ge—
wöhnlich mit Pathos über die Lippen ging, ohne daß diese poetische
Leistung ersichtlich im Zusammenhange mit der Situation gestanden
hätte. Abeken stammte aus Osnabrück und war 1809 geboren.
Seine Ausbildung beeinflußte ein Oheim, der Philolog und Asthe-
tiker Bernhard Rudolf Abeken, der zur Zeit Schillers in Weimar
gelebt und sich die damals dort herrschende Weise zu empfinden
angeeignet hatte. Der Neffe studierte darauf Theologie und wurde
im Jahre 1834 unter Josias Bunsen preußischer Gesandtschafts-
prediger in Rom, wo er sich mit einer Engländerin verheiratete,
die ihm indes schon nach wenigen Monaten durch den Tod ent-
rissen wurde. Befreundet mit Bunsen, dem er 1841 bei dessen Ver-
setzung nach London folgte, und dessen Anschauungen und Be-
strebungen auf kirchlichem Gebiet er teilte, wandte er sich jetzt schon
gewissermaßen diplomatischen Geschäften zu, indem er eine Denk-
schrift über die Errichtung eines evangelischen Bistums in Jerusalem
verfaßte — eine Idee, die an höchster Stelle in Berlin lebhafter
Sympathie begegnete. Im Zusammenhange hiermit finden wir
diesen 1842 unter den Begleitern des Professors Lepsius bei seiner
Forschungsreise in Oberägypten wieder, von wo aus Abeken dann
das heilige Land besuchte. Unter Heinrich von Arnim trat er in
das Ministerium des Auswärtigen ein, worin er bis zu seinem Ab-
leben im August 1872 verblieb, obwohl sich in der Zwischenzeit hier
sehr wesentliche Wandlungen vollzogen — ein Muster von Treue und
Anhänglichkeit. Man konnte darin mit dem Legationsrat Meier, der
ihm in der Allgemeinen Zeitung ein „Denkmal der Freundschaft