Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

30. Dezember Sechzehntes Kapitel 9 
Gereiztheit zwischen Bismarck und Beust bedauert, die eine solche 
Annäherung zu erschweren schien,“ u. s. w. Darauf wurde ent- 
gegnet: „Schon oft hat man in der That zu bemerken gehabt, daß 
die Kölnische Zeitung das politische Thun und Unterlassen des 
Bundeskanzlers aus persönlichen Motiven, persönlichen Neigungen 
oder Abneigungen, Stimmungen oder Verstimmungen zu erklären 
suchte, und wir begegnen hier einem weitern Beispiele dieser mit 
nichts zu rechtfertigenden Meinung. Weshalb man immer wieder 
mit solcher Verdächtigung hervortritt, ist uns unerfindlich. Wir 
wissen nur, daß zwischen dem Kanzler des Norddeutschen Bundes 
und dem Reichskanzler Osterreich-Ungarns eine persönliche Gereiztheit 
durchaus nicht besteht, ja daß die beiden Staatsmänner vor 1866, 
wo sie öfter in persönliche Berührung kamen, wie auch Graf 
Bismarck im Norddeutschen Reichstage konstatiert hat, auf recht 
gutem Fuße miteinander standen. Seitdem ist zwischen ihnen als 
Privaten nichts geschehen, was eine bittere Stimmung erzeugen 
könnte, schon weil sie seitdem nicht persönlich miteinander verkehrten. 
Standen sie sich als Staatsmänner bisher mehr oder minder 
feindlich gegenüber, so ist die Ursache hiervon nicht verborgen. Sie 
waren eben bisher Vertreter verschiedner politischer Systeme, sie 
versuchten verschiedne politische Grundgedanken zu verwirklichen 
zwischen denen sich schwer Anknüpfungspunkte auffinden ließen, 
obwohl dies nicht absolut unmöglich ist. Dies und nichts andres 
ist die Erklärung dessen, was die Kölnische Zeitung aus perfön- 
lichen Motiven hervorgehen läßt, die keinem Staatsmanne der 
Gegenwart in seinem Denken und Handeln ferner liegen als dem 
Bundeskanzler. — Nebenher sei hier noch bemerkt, daß sich Graf 
Bismarck über die Widerstandsfähigkeit von Paris nicht nur nicht, 
wie das rheinische Blatt einer Wiener Zeitung nachdruckt, „gründ- 
liche, sondern überhaupt nicht getäuscht hat. Er ist darüber nie 
gefragt worden, hielt aber, wie wir aus bester Quelle wissen, die 
Einnahme der Stadt schon vor Monaten für schwierig und war 
entschieden gegen deren Einschließung vor dem Falle von Metz.“ 
Kurz vor zehn Uhr noch den Erfolg der ersten Armee gegen 
Mobile und Franctireurs telegraphiert. Darauf wieder zum Chef 
gerufen. Dann eine falsche Auffassung der Verhältnisse vor Paris 
berichtigt, die in der Kreuzzeitung vorgetragen worden war. Man
	        
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