218 Zwanzigstes Kapitel
das Theezimmer. Ein türkischer Fußteppich überspannt hier den
Fußboden. Die Tapete ist weiß, und an den Wänden gewahren
wir unter andern Bildern Olgemälde, die Ahnen des Fürsten dar-
stellen, darunter den Eltervater, dem er als jüngerer Mann äußer-
lich fast zum Verwechseln ähnlich gewesen sein soll. Die Polster-
stühle — es giebt hier nur solche — und die Sofas sind mit
karmosinfarbnem Seidenstoff überzogen. An der einen Wand steht
ein Flügel der Fürstin, die eine vorzügliche Pianofortespielerin sein
soll. Zwischen den Fenstern bemerken wir Spiegel in Goldrahmen
mit grau und weiß geäderten Granitkonsolen, auf die man bunte
Porzellanfigürchen im Rokokostile gestellt hat: eine Dame, die kokett
durch eine Maske sieht, die sie sich in einiger Entfernung vors
Gesicht hält, ein Herr, der ihr mit verbindlicher Gebärde einen
Blumenstrauß reicht, und eine hübsche Vase mit einer Guirlande.
Das interessanteste unter den Möbeln ist ein kleiner Maha-
gonitisch, der das leise Nachklingen weltgeschichtlicher Thaten und
Ereignisse, das in den vordern Räumen durch die Stille geht, in
die Behaglichkeit dieser Familienzimmer hineintönen läßt. Wir
lesen auf der an ihm angebrachten Metallplatte: „Auf diesem Tische
ist der Präliminarfriede zwischen Deutschland und Frankreich am
26. Februar 1871 zu Versailles, Rue de Provence Nr. 14
unterzeichnet worden.“ Ich kann hinzufügen, daß die diamanten-
besetzte Goldfeder, die dem Reichskanzler von einem seiner Ver-
ehrer im Großherzogtum Baden zu diesem Zwecke übersandt worden
war, bei dem von der Platte genannten Akte wirklich gebraucht
worden ist. Irre ich nicht, so erfolgte auf demselben Tische auch
die Unterzeichnung der Verträge mit Bayern, die in den äußern
Bau des Deutschen Reichs den Schlußstein setzte. Von selbst ver-
steht sich, daß für das sonst ziemlich wertlose Stück Hausrat, das
auf diese Weise vom Kanzler zu Rang und Bedeutung erhoben
worden ist, der Besitzerin ein ganz ähnliches zurückgelassen wurde.
Auf das Theezimmer folgt in der hintern Reihe das, wo der
Fürst zu frühstücken pflegt, wo die Familie daher auch zuweilen
das Diner einnimmt. Es liegt hinter der einen Hälfte des chine-
sischen Saales und ist gleich dem vorigen mit einem türkischen
Teppich, rot bekleideten Polstermöbeln und vergoldeten Spiegeln
ausgestattet und ebenfalls mit einigen Olgemälden geschmückt, unter