Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

30. April 1871 Einundzwanzigstes Kapitel 233 
werde Eröffnungen, die dieser ihm zu machen beabsichtige, entgegen— 
nehmen und zur Kenntnis des Kanzlers bringen. „Wenn er sich 
dann bei Ihnen einstellt — so heißt es weiter —, würde es, ohne 
eigentlich zu verhandeln, doch vielleicht möglich sein, ihn zur Aus- 
sprache darüber zu veranlassen, wie die Kommune sich das Geld für 
uns verschaffen will. Vielleicht können Sie den Leuten auch über 
die Aussichtslosigkeit der ganzen Sache ins Gewissen reden und 
eine Meinung darüber gewinnen, ob zu einer Vermittlung durch 
uns zwischen Paris und Versailles Aussicht ist.“ — Auf eine De- 
pesche Fabrices vom 21. April, worin dieser sagt, daß die Kommune 
ohne Geld sei und sich, um solches zu bekommen, bereits am Eigen- 
tum von Gesellschaften und Privatleuten vergriffen habe, antwortet 
der Chef, der General solle immerhin wegen Ubergabe von Paris 
an uns sondieren, aber nur zu Information und Berichterstattung. 
Der Gedanke, daß die Kommune wirklich zahlungsfähig sei, habe 
dem Telegramm vom 10. ganz ferngelegen; er habe nur Rekognos- 
zierung der Absichten und Hilfsquellen der Machthaber in Paris 
im Auge. — Am 27. dieses Monats meldet Fabrice von Soisy, 
daß Holstein, der bei ihm zurückgeblieben ist, eine Zusammenkunft 
mit Cluseret gehabt habe, und daß die Kommune zur Zahlung von 
fünfhundert Millionen Franken geneigt sei, von denen dreihundert in 
der Stadt gehörigen Werten vorhanden seien und zweihundert durch 
Cession von Octroi erlangt werden könnten. Als Entgelt dafür 
beanspruche man, daß die Deutschen sich der Beteiligung an der 
Störung der Zufuhren nach Paris enthielten, und daß sie der Ver- 
sailler Regierung die von ihnen besetzten Forts nicht auslieferten. 
Gleichfalls erwünscht würde es sein, wenn man sich unfrerseits um 
eine Verständigung der streitenden Parteien zum Behufe der Her- 
stellung eines modus vivendi bemühen wollte. Dafür gab es eine 
doppelte Basis: entweder Entwaffnung der Stadt mit Nichtbesetzung 
derselben von seiten der Truppen der Versailler Regierung, kommu- 
naler Verwaltung und Sicherung von einer Wiederkehr Haus- 
mannscher und Pietrischer Budgets, oder aber Auflösung der gegen- 
wärtigen Nationalversammlung, die kein Mandat mehr habe, und 
neue Berufung an Frankreich, dessen Entscheidung Paris annehmen 
werde. Die sozialistischen und andern Ausschreitungen habe Cluseret 
als jetzt überwundne phase drole du mouvement bezeichnet. Eine
	        
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