Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

18. Mai 1871 Einundzwanzigstes Kapitel 247 
wichtiger Punkte des nördlichen Teils von Paris zu setzen. Hierzu 
sollen 10000 bis 20000 Mann verwandt werden, die des Abends 
von der Halbinsel von Gennevilliers abmarschieren und über Ville- 
neuve la Geronne, St. Denis, respektive über Epinay, St. Denis 
und Aubervilliers gegen die Thore von La Chapelle und La Villette 
marschieren sollen. Auf das bereits angebahnte Einverständnis und 
die Beihilfe einzelner Nationalgardekommandeure rechnend, glaubt 
man mit Hilfe der Eisenbahn und des noch immer lebhaften Ver- 
kehrs mit Fuhrwerken auf den Hauptstraßen kleine Detachements zu- 
verlässiger Truppen in die Stadt bringen zu können. 
„Für den Fall, daß der Angriff abgeschlagen würde, ver- 
pflichtet sich Mac Mahon ganz ausdrücklich, sämtliche Angriffs- 
kolonnen auf den Abmarschwegen zurückzunehmen und noch an dem- 
selben Tage wieder aus dem diesseitigen Rayon, also vom rechten 
Seineufer wegzuziehen. Hiermit dürfte einem längern Zusammen- 
stehen und Berühren deutscher und französischer Truppen vorgebeugt 
sein; es erscheint aber unvermeidlich, den französischen Kolonnen 
den Durchmarsch durch St. Denis zu gestatten, wenn dieselben sich 
dort auch keineswegs verweilen oder Reserven aufstellen dürfen. 
„General Borel war sichtlich bemüht, jede Mitwirkung seitens 
der deutschen Truppen, respektive der von uns besetzten Forts fern- 
zuhalten, und gab deutlich zu verstehen, wie aus politischen Gründen 
eine derartige direkte Unterstützung ihm nicht erwünscht sein könnte. 
Er glaubte nicht, daß die Insurgenten es wagen würden, die stür- 
menden Truppen, falls sie nicht reussierten, zu verfolgen — eine 
Ansicht, die auch hier geteilt wird —, und verneinte bestimmt, daß 
das französische Oberkommando beabsichtige, nach mißlungnem lber- 
fall zu einer Beschießung der Nordfront oder zu einem förmlichen 
Angriff gegen dieselbe überzugehn. 
„Da nach vorstehenden Eröffnungen die französische Regierung 
auf unfre Kooperation verzichtet, die diesseitigen in und hinter den 
Forts liegenden Streitkräfte aber vollständig genügen, so habe ich, 
wie ein Telegramm vom 10. d. M. bereits gemeldet, von einer Kon- 
zentration weiterer Truppen vor Paris abgesehen. Den Wünschen 
der französischen Regierung gemäß glaube ich zunächst alles ver- 
meiden zu müssen, was die Insurgenten auf die Nordfront auf- 
merksam machen und das Gelingen des lberfalls gefährden könnte.
	        
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