Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

20. Mai 1871 Einundzwanzigstes Kapitel 249 
Gerechtigkeit nicht entziehen könnten. Fabrice hat ihnen geantwortet, 
Borel habe wegen einer Blockade der Stadt mit der dritten Armee 
keine Vereinbarung getroffen; solle die Sperre bald eintreten, so 
müsse ihr eine solche Vereinbarung vorausgehen. — Der Chef hat 
darauf sogleich telegraphisch erwidert, nach den Frankfurter Ver— 
abredungen seien wir verpflichtet, sobald die französische Regierung 
das wünsche, Paris vollständig abzusperren, den Versailler Truppen 
den Durchmarsch durch unsre Linien zu gestatten und die Kommune 
zur Entwaffnung der Enceinte aufzufordern. Diesem Verlangen 
durch Gewalt der Waffen Nachdruck zu geben, seien wir nicht ge— 
halten. Die drei Punkte aber müßten vom Oberkommando erfüllt 
werden, weil wir sonst die Vereinbarung mit der französischen Re— 
gierung brechen würden. 
Vorher scheint nach einer Bleistiftnotiz Abekens auf einem 
Berichte Fabrices mit ähnlichem Inhalte mehr von uns angeboten 
oder von den Franzosen verlangt worden zu sein, nämlich außer voller 
Absperrung und Durchlaß durch unfre Linien noch für den Fall, 
daß die französische Regierung Unterstützung fordre, deren Ge- 
währung durch Artilleriefeuer gegen die Enceinte, nicht gegen die 
Stadt, und bei etwaigem Scheitern des Sturmes der Franzosen 
Verhütung eines Nachdringens der Pariser mit allen Waffen. 
20. Mai. Nach einem Berichte datiert Stuttgart, 17. Mai, 
hat der württembergische Minister des Auswärtigen, von Wächter, 
bemerkt, daß König Karl die Behandlung Württembergs beim 
Frankfurter Friedensschlusse jetzt (tags vorher hatte Wächter noch 
nichts davon gewußt) nicht korrekt finde und verletzt zu sein scheine. 
Der württembergische Gesandte in München habe gemeldet, daß 
man in dortigen maßgebenden Kreisen das Verfahren in betreff 
Bayerns beim Abschlusse des Friedens heftig tadle und Graf Quadt 
beauftragt worden sei, dieser Mißstimmung Ausdruck zu geben. 
Es wäre also wohl Württemberg durch Bayern umgestimmt worden. 
Der Graf von F. der in London gewesen ist, hat Balan er- 
zählt, daß sowohl der französische Botschafter am englischen Hofe als 
der Duc de Gramont durch ihre Taktlosigkeit viel von sich reden 
machten. Der Botschafter habe in vorwurfsvollem Tone zum Grafen 
gesagt, die Sozialisten in Paris hätten sich hauptsächlich aus Belgien 
rekrutiert. Gramont aber verkünde die nahe Rückkehr Napoleons
	        
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