Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

250 Einundzwanzigstes Kapitel 24. Mai 1871 
nach Frankreich und habe geäußert: Et alors on va bientõt mettre 
fin à cette ridicule chose qu'on appelle la Belgique. Dagegen 
habe der Prinz Napoleon dem Grafen bemerkt, die Neutralität 
Belgiens sei im letzten Kriege vorteilhaft für Frankreich gewesen. 
Baron Baude, der französische Gesandte in Brüssel, hat dem bel- 
gischen Minister d’'Anethan gegenüber wissen wollen, daß die Ver- 
sailler Nationalversammlung unmittelbar nach der Einnahme von 
Paris den Grafen von Chambord zum König ausrufen werde. 
24. Mai. Heute das Konzept eines Erlasses des Chefs über 
die Internationale und ein harmonisches Vorgehen der Regierungen 
gegen diese Organisation der sozialistischen Partei, wonach in der 
Presse gewirkt werden soll, gelesen und den Inhalt notiert. Der 
Erlaß ist vom 7. d. M. datiert und an Schweinitz in Wien ge- 
richtet. Von Abeken entworfen, ist das Konzept bis auf acht oder 
zehn Zeilen vom Kanzler durchstrichen und durch Selbstgeschriebnes 
ergänzt worden. In dieser Umgestaltung lautet es: „Die Ereig- 
nisse, die sich in den letzten Wochen und Tagen in Paris vollzogen, 
haben die gemeinsame Organisation der sozialistischen Elemente in 
den europäischen Ländern und die Gefahren, mit denen vermöge der- 
selben die staatliche Ordnung dieser Länder bedroht ist, offenkundig 
gemacht. In Deutschland sind die Wirkungen von kommunistischen 
Arbeiterverbindungen in den größern Zentren der Industrie in 
unsern westlichen Provinzen, namentlich aber in den sächsischen 
Fabrikdistrikten erkennbar. Der Abgeordnete Bebel, von dem da- 
neben behauptet wird, daß er aus dem Vermögen des frühern 
Königs von Hannover Unterstützungen und Agitationsmittel be- 
ziehe, hat den verbrecherischen Bestrebungen seiner Gesinnungs- 
genossen im Reichstage offen Ausdruck gegeben. Einige Symptome 
deuten darauf hin, daß auch in Osterreich und gerade in Wien die 
Agitation unter den Arbeitern Boden gewonnen hat. Wenn das 
Bedürfnis, ja die Notwendigkeit, diesen staatsfeindlichen Bestre- 
bungen entgegen zu treten, nach Ew. 2c. Wahrnehmungen bei der 
kaiserlich österreichisch= ungarischen Regierung Anklang findet, so 
wollen Sie eine vertrauliche Erwägung der Mittel und Wege ein- 
leiten. Die nächste Aufgabe würde meines Erachtens in dem Aus- 
tausche der über die Ausdehnung und Richtung der sozialistischen 
Organisation gemachten Erfahrungen und in der Anerkennung des
	        
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