258 Einundzwanzigstes Kapitel 11. Juni 1871
Ausführung des Friedensvertrages und die Erhaltung der jetzigen
Beziehungen zwischen den beiden Ländern für die Zukunft sicher-
stellt. Die gegenwärtige Regierung ist durch ihre Vergangenheit
und ihre ganze Lage darauf angewiesen, ihren Verbindlichkeiten
gegen uns nachzukommen, und findet deshalb einen Stützpunkt
in Deutschland. Jede andere Regierung, die in unregelmäßiger
Weise sich der Gewalt bemächtigt, würde möglicherweise ihr Heil
darin suchen, auf Kosten der mit uns geschlossenen Verträge die
Popularität zu erwerben und uns dadurch zur Erneuerung des
Krieges drängen. Wir haben daher nicht nur ein Interesse an der
Erhaltung der jetzigen Regierung, sondern auch ein Recht, uns die
Anerkennung jeder etwa eintretenden gewaltsamen Veränderung in
der Regierungsform vorzubehalten und unfre Entschließung davon
abhängig zu machen, ob wir unfre vertragsmäßigen Interessen
gewährleistet finden. Hierzu kommt, daß jede neue Erschütterung
der kaum hergestellten Ordnung die Macht Frankreichs beeinträchtigen
muß, seinen Verbindlichkeiten gegen uns in den vertragsmäßigen
Terminen gerecht zu werden, welche Persönlichkeiten auch an der
Spitze stehen mögen, und daß wir daher wünschen müssen, daß
jede Krisis vermieden wird, die einen erneuten Bürgerkrieg zur
Folge haben würde. Sie wollen sich der französischen Regierung
gegenüber gefälligst in diesem Sinn aussprechen und keinen Zweifel
darüber bestehen lassen, daß wir in den von uns besetzten Landes-
teilen keine Veränderung der Regierungsform sowie keinen Wechsel
der leitenden Persönlichkeiten anerkennen würden, die nicht aus
der regelmäßigen Entwicklung der gegenwärtig zu Recht bestehenden
Sachlage hervorgingen. Wir bestätigen durch die schnelle Ver-
minderungen der Okkupationstruppen das Vertrauen, das wir
zu der jetzigen Regierung haben. Sollten neue Bewegungen in
Frankreich uns Zweifel an der Aufrechterhaltung des geschlossenen
Friedens aufdrängen, so wissen Ew. E., daß in vierzehn Tagen die-
selbe Armee von uns wieder aufgestellt werden kann, die im Winter
in Frankreich stand.“
11. Juni. Fabrice hat vorgestern ein Telegramm an den
Chef abgehen lassen, worin es unter anderm heißt, der beschleunigte
Abzug unfrer Truppen vor Paris und anderwärts noch vor Zahlung
der ersten halben Milliarde übe sichtlich Einfluß auf die Stimmung