Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

14 Sechzehntes Kapitel 3. Januar 
bei Fortsetzung des Krieges bestimmend sein werden. Man darf 
vielleicht erwarten, daß Frankreich nach der Einnahme von Paris 
seinen Widerstand aufgeben und sich den deutschen Friedensbedin— 
gungen fügen wird. Aber mit Sicherheit ist nicht darauf zu rechnen, 
und so muß man auch auf das Gegenteil gefaßt sein. Jedenfalls 
wird auch nach dem Falle von Paris nicht sofort eine allgemein 
anerkannte und von einer Nationalvertretung gestützte Regierung 
vorhanden sein, mit der Friedensverhandlungen unter den nötigen 
Bürgschaften der Dauer angeknüpft werden könnten. Wird nun der 
Krieg fortgesetzt, so kann sein Ziel unmöglich die völlige Eroberung 
eines so ausgedehnten Landes wie Frankreich sein. Unsre Heere 
würden zwar, wie bisher, überall siegreich auftreten und die feind— 
lichen Streitkräfte zersprengen; aber hiermit würde es nicht genug 
sein, es würde sich darum handeln, in allen eroberten Gebieten auch 
eine neue Zivilverwaltung zu organisieren und ihr die Einwohner 
zu unterwerfen. Schon in dem Landstriche zwischen dem Kanal 
und der Loire waren unsre Truppenmassen kaum dicht genug, um 
überall den Verkehr vollständig zu sichern, das Ansehen der fremden 
Administration in jeder Stadt und jedem Dorfe aufrecht zu er— 
halten, meuchlerische Anfälle zu verhüten, überall die Steuern sowie 
die vom Kriege unzertrennlichen Lieferungen und Kontributionen 
einzutreiben. Dieses Netz ins Ungemessene auszudehnen, würde 
nicht nur unsre militärische Leistungsfähigkeit übersteigen, so hoch 
wir dieselbe auch veranschlagen mögen; wir können in der Heimat 
auch nicht das für eine solche Aufgabe erforderliche Aufgebot von 
Kräften der Zivilverwaltung entbehren. Es wird daher, wenn der 
Friede nicht in allernächster Zeit zu erreichen ist, unsre Kriegführung 
ihre Ziele klar und fest zu begrenzen haben. Sie wird einen be— 
stimmten Teil des französischen Gebiets ins Auge zu fassen haben, 
der so dicht zu besetzen ist, daß wir ihn vollständig in der Hand 
haben und für eine beliebige Periode unter unsrer Herrschaft halten 
können. Dieser Teil würde die Hauptstadt und die besten Pro— 
vinzen mit der tüchtigsten und streitbarsten Bevölkerung Frankreichs 
umfassen; er würde natürlich alle Lasten und Kosten des Krieges 
zu tragen haben, bis sich überall im Lande eine Friedenspartei 
bildete, die stark genug wäre, den Machthabern des Augenblicks 
ihren Willen aufzuerlegen. Der zu okkupierende Gebietsteil würde
	        
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