Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

Nov.—Dez. 1871 Zweiundzwanzigstes Kapitel 291 
rial= und Kabinettsrat von Braun thätig gewesen, den ich Ihnen 
schon früher als ein mir von Frankfurt aus wohlbekanntes, ge- 
fügiges und thätiges Mitglied der klerikalen Partei genannt habe." 
30. November. Durch eine Depesche vom 27. d. M. ist 
Arnim angewiesen, in Paris Remedur der Ungehörigkeiten zu 
bewirken, die sich der Vertreter Frankreichs in Rom gegen den 
dortigen bayrischen Gesandten erlaubt hat. Diese Depesche lautet: 
„Der französische Botschafter in Rom und seine Gemahlin sind nach 
Graf Tauffkirchens Meldung gegen diesen und seine Beamten derartig 
ungezogen, daß Tauffkirchen mich um die Ermächtigung bittet, Harcourt 
persönlich zur Rechenschaft zu ziehen. Bevor ich dieselbe erteile, 
versuchen Sie, die beifolgende Weisung an Harcourt zu erlangen. 
Erfolgt dieselbe nicht, so werden wir uns an dem unschuldigen 
Gabriac rächen, und Tauffkirchen wird auf Harcourt losgelassen.“ — 
Ein Telegramm aus Rom von gestern, das dabei lag, berichtete, 
daß der ungezogne Franzose (vermutlich von Versailles dazu ge- 
nötigt) sich bei Tauffkirchen entschuldigt hat. 
7. Dezember. v. J. hat unterm 4. d. M. aus Bern die eigen- 
händigen Antworten der „hannoverschen Pensionäre“ auf ein Rund- 
schreiben vom 10. Oktober eingeschickt, worin sie zu einer Erklärung 
über den künftig von ihnen zu wählenden Wohnsitz aufgefordert 
worden sind. 
9. Dezember. Unter den Eingängen ist eine ungewöhnlich 
interessante Mitteilung aus Wien, die sich auf eine Unterredung 
mit Andrassy bezieht. Es heißt darin unter anderm: „Gestern 
bald nach seiner Rückkehr aus Pest besuchte mich der Graf; sehr 
befriedigt von den Eindrücken, die er von dort mitbrachte, sagte 
er, bis jetzt, als ungarischer Ministerpräsident, habe er nur die 
Deak-Partei hinter sich gehabt, jetzt, wo er Minister des Außern 
sei, stehe das ganze Land hinter ihm. Ich antwortete, daß aller- 
dings die ganze Kraft Ungarns ihn stützen, daß aber auch die 
Wünsche ganz Ungarns auf ihn wirken würden. Graf Andrassy 
erwiderte, selbst die Linke, ausgenommen die wenigen Anhänger 
Kossuths, sei mit seiner Politik des Friedens einverstanden. Ich 
erinnerte an die polenfreundlichen Traditionen der Ungarn, er be- 
stritt entschieden das Vorhandensein gefährlicher Tendenzen in dieser 
Richtung. Zurückkommend auf frühere Gespräche gab ich zu, daß 
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