Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

6. Januar Sechzehntes Kapitel 17 
werde. — Ein Brief des Königs von Schweden, an einen Komman- 
danten Verrier in Erfurt gerichtet, soll als unbestellbar zurückgehen. 
Die uns bekanntermaßen wenig wohlwollende schwedische Majestät 
sagt darin — beiläufig in üblem Französisch und mit vielen ortho- 
graphischen Fehlern —, sie sei betrübt, „mit gekreuzten Händen“ 
dem Kampfe zusehen und „ihr Brot in Frieden essen“ zu müssen. 
Nous nous armons tardivement, hélas! mais avec vigueur, et 
Jespöre due la jour de vengeance arrivera. — Vengeance? 
Wofür hätte sich denn Schweden an uns zu rächen? — In Ru- 
mänien scheint Fürst Karl es bei den dortigen Roten in der That 
nicht mehr aushalten zu können und an Abdankung und Abreise 
zu denken. „Wir haben kein politisches Interesse an Rumänien.“1 — 
Der Chef hat eine Vorstellung an den König gerichtet, in der er 
aus politischen Gründen, weil wir nur so die Ordnung in den von 
uns besetzten Teilen Frankreichs aufrecht erhalten und die Okku- 
pation gehörig ausnutzen könnten, Vorschläge zur Beschränkung des 
Kriegstheaters macht; desgleichen eine Anregung zur Kündigung 
der Genfer Konvention, die unpraktisch sei. — Bonnechose hat auf 
Veranlassung des Papstes einen Brief an König Wilhelm geschrieben, 
worin er einen Frieden will, aber einen „ehrenvollen“ Frieden, 
d. h. ohne Landabtretungen, den wir schon vor zwölf Wochen von 
Sieur Favre haben konnten, wenn der Chef nicht einen nützlichen 
vorgezogen hätte. Der Minister hat deshalb beantragt, das Schreiben 
nicht zu beantworten. — Der Prinz Napoleon will nach einer An- 
deutung Persignys zur Vermittlung nach Versailles kommen. Er 
ist ein geistreicher und liebenswürdiger Herr, erfreut sich in Frank- 
reich aber geringer Geltung, und so hat der Kanzler die Verhand- 
lung mit ihm abgelehnt. — Bei der Londoner Konferenz über die 
Pontusfrage werden wir Rußlands Ansprüche nach Möglichkeit 
unterstützen. — In Dresden hat die Königin-Witwe Marie dem 
breußischen Gesandten Eichmann angedeutet, man würde Sachsen 
ein Zeichen des Vertrauens geben, wenn man ihm die Besetzung 
des Königsteins bald allein überlassen wollte.2 
  
1 f. oben S. 576 des ersten Bandes. 
: Auf dem Königstein lag seit 1866 eine preußische Kompagnie neben 
Sfcher Artillerie. 
8. Tagebuchblätter II 2
	        
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