Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

7. Januar Sechzehntes Kapitel 19 
Seitengäßchen, das etwa in ihrer Mitte links nach dem Flusse 
hinausführt, hatte deren ebenfalls. Auch die Häuser, sämtlich un— 
bewohnt und zum Teil von Granaten beschädigt, waren zur Ver— 
teidigung eingerichtet. Von Möbeln war in ihnen wenig zu sehen. 
Wir umgingen die erste Barrikade der Straße, indem wir auf einem 
Brettersteg durch das Fenster des danebenstehenden Hauses zur 
Linken hinein und durch die Hausthür jenseits des Barrikaden— 
grabens wieder hinauswandelten. Eine zweite kleine Schanze wurde 
auf ähnliche Weise rechts umgangen. Wo die Straße auf die 
Chaussee am Strome mündet, deren Pflaster aufgerissen war, sahen 
wir ein drittes System von Verrammelungen und Gräben vor uns, 
die von den Korrespondenten der deutschen und ausländischen Presse 
vielbesprochne „musikalische“ Barrikade, in der nicht weniger als 
sechs Pianinos stecken sollen. Sie danach zu untersuchen, war nicht 
gestattet. Wir durften uns hier überhaupt vor den Galliern draußen 
auf dem Mont Valerien nicht blicken lassen, weil sie dann gleich 
mit einem halben Dutzend ihrer Granaten bei der Hand sind. Ich 
entdeckte hier drei oder vier Häuser weiter den kleinen grünen 
Balkon, den uns Haber als Wahrzeichen des Barrotschen Hauses 
bezeichnet hatte. Aber von vorn konnten wir ihm nicht beikommen, 
da die hier aufgestellte Schildwache niemand weiterließ. Wir mußten 
also zu der Hinterseite zu gelangen suchen, und ein schmaler Fuß— 
weg zwischen den Häusern und Gärten verhalf dazu. In den etwas 
ansteigenden Gärten hinter der Häuserzeile standen und lagen allerlei 
Möbel herum, darunter ein betrübter roter Plüschsessel, der von 
Schnee und Regen durchweicht und nur noch im Besitz eines Beines 
war, auch waren hier Bücher und Papiere herumgestreut. Nachdem 
wir in mehrere Häuser eingetreten waren, wo überall arge Ver— 
wüstung herrschte, fanden wir das von uns gesuchte. Ein Steg 
über eine Vertiefung führte uns erst in ein Blumenzimmer und 
dann in die Bibliothek, die sich in zwei Stuben befand. Sie mochte 
zweitausend Bände haben, von denen der größere Teil in wirren 
Massen auf den Dielen lag, das Werk der Mobilgarden und 
Franctireurs, die vor der Einschließung die Umgebung von Paris 
verwüstet hatten. Vieles davon war zerrissen oder zertreten. Eine 
Durchsuchung zeigte, daß es eine gutgewählte Bibliothek war. Sie 
enthielt namentlich Geschichtliches, Politisches und Belletristisches, 
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