Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

8., 10. April 1872 Zweiundzwanzigstes Kapitel 345 
setzen zu helfen, das im wesentlichen jener mit dem Ultramontanis— 
mus verschmolzene Absolutismus ist, den man von 1621 an in den 
österreichischen Landen aufrichtete, und für den die Jesuiten und 
ihre weltlichen und geistlichen Alliierten jetzt auch in Deutschland mit 
aller ihrer Kraft werben und arbeiten.“ 
8. April. Zu einem Telegramm Rosens, unsers Vertreters 
in Belgrad, worin er anzeigte, der Sekretär des russischen Konsuls 
habe geprahlt, daß Rußland der serbischen Regierung den Gedanken 
eingegeben habe, in dem Streite um Klein-Zwornik den Tribut zu 
verweigern, hat der Chef die Randbemerkung gemacht: „Solche 
Klatschtelegramme über das, was Konsulatssekretäre vielleicht re— 
nommiert haben, müssen Herrn R. abgewöhnt werden.“ Hepke hat 
darauf an Rosen unter dem gestrigen Datum geschrieben: „Der Herr 
Reichskanzler ist erstaunt gewesen, als Inhalt des chiffrierten Tele— 
gramms vom 5. April d. J. die wenig bedeutende Äußerung eines 
untergeordneten russischen Konsulatsbeamten zu finden. Ich mache 
Ew. ꝛc. in besonderm Auftrage ergebenst darauf aufmerksam, daß Sie 
sich des Telegraphen nur in ganz besonders wichtigen und zugleich 
dringenden Fällen bedienen möchten.“ 
In betreff des Streites um Klein-Zwornik und Sakar ist an S. 
und R. geschrieben worden. R. sei angewiesen, in dieser Frage, bei 
der eine Differenz zwischen der österreichischen und der russischen 
Auffassung hervorzutreten beginnt, die möglichste Zurückhaltung und 
Vorsicht zu beobachten, damit bei dieser Veranlassung nicht etwa 
unser Verhältnis zu St. Petersburg oder zu Wien getrübt werde. 
Generalkonsul Rosen ist aber schon seit längerer Zeit mit angemessener 
Instruktion versehen, unser Interesse an den serbischen Angelegen— 
heiten unbedingt der Rücksicht unterzuordnen, die unser nahe be— 
freundetes Verhältnis zu Rußland und zu Osterreich uns auferlegt, 
und alles zu vermeiden, was nach einer von beiden Seiten Grund 
zu Mißverständnissen oder Beschwerden geben könnte. 
1u0. April. Nach einem Briefe des österreichisch = ungarischen 
Botschafters Graf Apponyi an Andrassy, den dieser S. vorgelegt hat, 
hat Thiers zu Apponyi gesagt: Les sentiments hostiles de Bis- 
marck contre le parti catholique lui inspirent de la Sympathie 
pour le gouvernement de Victor Emanuel. Sonst huldigt nach 
diesem Schreiben Thiers immer noch seiner optimistischen Auffassung
	        
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