Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

17. April 1872 Zweiundzwanzigstes Kapitel 351 
Regierung nicht ihren Einfluß in Berlin dazu verwenden könnte, 
die kaiserlich deutsche Regierung zu einer Beschleunigung der Zurück— 
ziehung der deutschen Truppen zu bewegen. Der Fürst hat dem 
General B. geantwortet, er wolle ihn nicht mit Wiederholungen 
ermüden, ihm aber eine Anekdote erzählen, die er selbst erlebt habe. 
Am Schlusse einer Spielpartie beklagte sich der Verlierende, anstatt 
zu bezahlen, bitter über sein Unglück und hielt durch seine Lamen— 
tationen die andern Mitspielenden unnötig auf. Da ruft ihm einer 
derselben ungeduldig zu: Payez d'abord et lamentez après. Der 
Botschafter habe diese Antwort verstanden und nicht weiter in ihn 
gedrungen."“ 
17. April. Heute gegen Mittag kam Aegidi an meinen Schreib- 
tisch und sagte, er möchte mir eine Frage vorlegen. Hallberger in 
Stuttgart beabsichtige mit einem andern Herrn, den er vorläufig noch 
nicht nennen könne, eine großartige Revue zu gründen. Nun habe 
er (Aegidi) sich gedacht, ob sich nicht Professor Rößler bereit finden 
lassen werde, die Redaktion zu übernehmen. Der würde sich sehr 
gut dazu eignen. Der Chef wisse auch von dem Unternehmen und 
billige es. Ich erwiderte, daß Rößler mir nicht zu einem Redakteur 
zu passen scheine, da er zwar gescheit, aber etwas nebulos, un- 
praktisch und ziemlich träge sei, sodaß er immer angeregt und ge- 
schoben werden müsse. Darauf sagte er, es stünden aber sehr große 
Mittel zur Verfügung, und Rößlers Stellung würde brillant sein. 
„Nun aber — fuhr er fort — handelt es sich vorzüglich um eins. 
Das Blatt würde von hier aller vierzehn Tage einen Wochenbericht 
haben müssen wie der ist, den die Revue des deux Mondes bringt. 
Würden Sie den wohl übernehmen? Sie mußten natürlich eine 
sehr hohe Honorarforderung stellen — nicht bloß gut, sondern 
glänzend. Man würde Ihnen alles bewilligen.“ — Ich sagte, ich 
wollte es mir überlegen, zumal es der Fürst zu wünschen schiene. 
Er: „Ja, und Sie sollen haben, was Sie verlangen. Aber nun ist 
noch eins, und das wird Ihnen vielleicht Bedenken erregen — der 
Herr, der mit Hallberger die Revue unternehmen will, ist — Meding.“ 
Ich war aus den Wolken gefallen, und das Blut stieg mir ins 
Gesicht. „Der!“ entgegnete ich. „Um keinen Preis der Welt, und 
ich bitte Sie inständig, auch Rößler nichts der Art vorzuschlagen, 
da ers als Beleidigung aufnehmen würde, wenn man ihm zumuten
	        
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