Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

5., 9. Mai 1872 Zweiundzwanzigstes Kapitel 359 
des Deutschen Reiches und auf die Anfrage, ob dieselbe dem Papste 
genehm sei, die Antwort, der Papst könne einem Kardinal nicht 
gestatten, ein solches Amt zu übernehmen.“ 
5. Mai. Heute stand in der Magdeburgischen und der Weser- 
Zeitung sowie im Hamburger Korrespondenten folgender Artikel: 
„Petersburg, 29. April. Man erinnert sich, daß der russische 
Agent bei der Kurie, Herr Kapnist, vor einiger Zeit von dem Papste 
mit dem Kommandeurkreuze des Piusordens dekoriert worden ist. 
Wie man aus Rom schreibt, ist das Herrn Kapnist verliehene Ordens- 
kreuz mit Brillanten von auffallend hohem Werte besetzt. Die 
Schätzung schwankt zwischen fünfzig= und hunderttausend Franken. 
Eine derartige Auszeichnung erregt um so mehr Aufsehen, als die 
Mission des Herrn Kapnist keineswegs beendigt ist.“ — Verfasser 
dieses Artikels war vermutlich Aegidi, der mich gestern ersuchte, die 
Sache auf eine Weise in die mir zugänglichen Blätter zu lancieren, 
bei der man den Ursprung des Artikels nicht merke. Welchen Zweck 
der Chef, der ihn damit beauftragt hatte, wohl mit der Nachricht 
verfolgen mag? — D. hatte schon in einem am 27. April geschrie- 
benen und am 30. hier eingetroffnen Bericht gemeldet, daß die 
Besetzung des Ordens Kapnists mit Brillanten, von der die ltalie 
geredet, unbegründet und ihm überhaupt keine größere Auszeichnung 
verliehen worden sei als die, die seinem Range gebührt habe. Und 
dennoch vier Tage nachher die obige Anordnung 
9. Mai. Gestern ist an S. eine Mitteilung abgegangen, in 
der gesagt wird: „Sie haben aus der über Wien beförderten Post- 
chiffre des Generalkonsuls Rosen vom 21. April ersehen, daß Herr 
von Kallay in Belgrad die Berichterstattung über unser angebliches 
Einschreiten zu Gunsten Serbiens in der Zwornikfrage abgeleugnet 
hat. Seine Mitteilungen scheinen übrigens in verschiednen Versionen 
nach Wien und nach Konstantinopel gelangt zu sein, wie sich aus 
der Außerung des Grafen Andrassy gegen Ew. 2c. und des Grafen 
Ludolf gegen Herrn von Radowitz ergiebt. Ahnlich verhält es sich 
mit den in die Zeitungen gelangten falschen Nachrichten, die die- 
selbe Quelle verrieten und, weil sie hartnäckig aufrecht erhalten 
wurden, die hier angeschlossene Dementierung im Staatsanzeiger 
notwendig machten.“ Diese lautete: „Vom Auswärtigen Amte er- 
geht die Weisung, einem in der Augsburger Allgemeinen Zeitung
	        
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