Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

9. Januar Sechzehntes Kapitel 25 
tralität genügt nicht. Es geht aus ihr vielleicht der gute Wille 
dieser Regierung, mit Sicherheit aber die Thatsache hervor, daß sie 
nicht imstande ist, ihre Neutralität selbst zu wahren. Sie ist unter An— 
führung neuer Beweise für unsre Klagen nochmals gewarnt worden. 
Fruchte dies nicht, so würden wir uns genötigt sehen, das Groß— 
herzogtum zu besetzen und dem großherzoglichen Gesandten in Berlin 
seine Pässe zuzustellen.! In ähnlichem Sinne ist an die Mächte 
des Vertrags von 1867 geschrieben worden. — Nach einem Schrift- 
stück, worin der Chef dem Könige die Dekorierung der Staats- 
männer vorschlägt, die die Traktate wegen des Eintritts Badens 
und Württembergs in den Bund mit Preußen und dem übrigen 
Norden abgeschlossen haben, soll Dalwigk nichts bekommen, was 
damit begründet wird, daß er stets gegen Preußen und die deutsche 
Sache intriguiert und gehandelt, daß er zuletzt nur der zwingenden 
Notwendigkeit nachgegeben habe, und daß seine Dekorierung vor der 
öffentlichen Meinung, die wiederholt schon die Anwendung von 
Preußens Einfluß zum Behuf seiner Entfernung aus dem Amte ver- 
langt habe, übel ausgenommen werden würde.? 
Montag, den 9. Januar. Das Wetter kalt und neblig, es 
fällt viel Schnee. Sowohl von unsrer wie von feindlicher Seite 
wird wenig geschossen, nachdem während der Nacht unser Feuer 
sehr heftig gewesen ist. Aus London wird berichtet, daß der Prinz 
Napoleon mit dem Plane umgehe, einen uns genehmen Frieden 
kraft eignen Rechts zu unterzeichnen, dann nach der Kapitulation 
von Paris Senat und Gesetzgebenden Körper zusammenzuberufen, 
ihnen den Friedensvertrag zur Genehmigung vorzulegen und über 
diesen sowie über die künftige Regierungsform, eventuell auch über 
die künftige Dynastie abstimmen zu lassen. Vinoy und Duocrot 
würden diesen Plan unterstützen. Andrerseits regen sich auch die 
Orleanisten, die Thiers zu gewinnen hoffen. — Bamberger schreibt 
mir über Unterhandlungen, die er (natürlich ohne Beruf und Be- 
fugnis, „mantschend,“ würde Bucher sagen) mit einflußreichen Fran- 
zosen von der westlichen Schweiz her angeknüpft hat, er wolle sie 
  
1 Depesche vom 6. Januar. Bismarck-Regesten I, 411. 
2 Schließlich erhielt kein süddeutscher Minister eine Dotation, auch Jolly 
nicht, weil man die andern nicht verletzen wollte. Jolly 228.
	        
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