392 Zweiundzwanzigstes Kapitel 8., 15. Febr. 1873
habe abgehen sollen. Die Kanzleidiener hätten ihn jedoch beim Chef,
der gerade sehr verdrießlich gestimmt gewesen wäre, nicht melden
wollen. Darüber wäre der Graf ärgerlich geworden und hätte seinen
Vortrag schriftlich hinaufgeschickt und gefragt, ob Durchlaucht diesen
Nachmittag mit ihm darüber sprechen wolle, worauf er unten getobt
und gepoltert habe. Der Chef aber habe ihm sagen lassen: „Nein,
die Angelegenheit hat Zeit.“ Es muß also kein Kriegsfall hinter
der Verzögerung gedroht haben.
8. Februar. Diesen Morgen erzählte mir Bucher, indem er
mir einen Artikel Gustav Raschs in der Beilage der Berliner Börsen-
zeitung vom 5. Februar (Nr. 59) zeigte, daß an ihn von Ferrieres
die Weisung ergangen sei, Rasch zwanzigtausend Franken zur Reise
nach Nizza zahlen oder schicken zu lassen. Er aber habe das nicht
gethan, sondern beim Chef dagegen remonstriert, indem er vorgestellt
habe, Rasch habe bei seiner Partei gar keinen Einfluß und gelte
nur bei einzelnen Blaustrümpfen etwas. Bucher bemerkte bei dieser
Gelegenheit auch, Rasch sei „mit Keudell sehr befreundet.“"
Wieder einem komischen Diplomaten begegnet. Bunsen, unser
Gesandter am schwedischen Hofe, berichtet unterm 24. Januar aus
Stockholm: „Eine in meinem gestern mittelst Depeschenkastens
abgesandten gehorsamsten Bericht Nr. 4 enthaltne Angabe beehre
ich mich ehrerbietigst dahin zu berichtigen, daß nicht der Christusorden,
sondern das Großkreuz vom Turm und Schwert Seiner Königlichen
Hoheit dem Kronprinzen von Schweden und Norwegen morgen über-
reicht werden soll, wie mir der königlich portugiesische Gesandte
soeben mitteilt.“ Wichtig, welterschütternd! Aber wohl nur für
Exzellenz von Bunsen. Sogar Aegidi machte, als er mir diese De-
pesche zustellte, Späße darüber, indem er unter anderm meinte:
„Man muß sich den Nachsatz hinzu denken: Nun gebt ihr Berliner
dem kleinen Prinzen auch einen hübschen Orden, damit ich von
den Schweden einen dafür kriege.“
15. Februar. Unter den Konzepten, die ich heute las, war
ein Bericht vom Januar d. J., deshalb von besonderm Interesse,
weil Bucher, offenbar als Material zu einer Beantwortung durch
den Chef, Randglossen dazu gemacht hatte. In dem Berichte
entschuldigt sich Arnim gegen den Kanzler, der ihm vorgeworfen hat,
„in seiner Berichterstattung finde er eine Meinungsverschiedenheit