21. März 1873 Zweiundzwanzigstes Kapitel 401
können schon jetzt darüber schreiben, und das würde mir sogar lieb
sein. Und wo Sie etwas nicht wissen, zweifelhaft sind, fragen Sie
mich nur. Es soll meine Grabschrift sein. Hesekiel möchte ich
doch nicht, daß der sie verfaßt hätte. Aber Sie werden mit Takt
und Geschmack verfahren, und ich muß mich in dieser Beziehung
ganz auf Sie verlassen. Auch müssen Sie es dann nicht bei Decker
verlegen — wo anders — sonst merkt man, daß ich dabei bin.“
Ich bemerkte nochmals, daß ich nicht so leicht an die Sache
gehen könne, da alles gehörig überlegt, gesammelt und gesichtet
sein müsse, wenn es gut werden solle, und es mir in der nächsten
Zeit an Muße fehlen würde. Ubrigens bäte ich um die Erlaubnis,
ihm, wenn ich das Buch schriebe, die einzelnen Bogen vor dem
Drucke zur Durchsicht und Korrektur vorzulegen. Er willigte ein,
indem er nur die Bedingung stellte, daß seine „Mitarbeiterschaft,
denn das wäre es doch,“ verschwiegen bliebe. Ich machte darauf
aufmerksam, daß man die Briefe mit Fragen und die Couverts mit
Bogen unten im Zentralbüreau öffnen würde.
„Rekommandieren Sie es, und schreiben Sie weigenhändige dar-
auf, so bekomme ich sie unaufgemacht,“ antwortete er. Damit stand er
auf, gab mir die Hand und sagte, er habe sich gefreut, mich noch
einmal zu sehen; er hoffe, ich werde ihn, wenn ich später nach
Berlin käme, besuchen, und wiederholte, daß ich in betreff der
zugesicherten Pension in meinem Rechte sei, und daß mir diese zu
teil werden solle. Darauf reichte er mir nochmals die Hand, und
ich empfahl mich, glücklich über seine Liebenswürdigkeit und mit
dem Entschluß, ihm alles Erdenkliche zu Gefallen zu thun. Am
Abend erzählte ich das Bucher, mit dem ich am folgenden Montag
in einem Restaurant unter den Linden speiste und alles wegen der
Information Nötige verabredete. Er glaubte so wenig wie ich an
den mystischen Buchhändler, meinte aber, daß eine solche Fiktion
sehr wohl an den Chef herangetreten sein könne, und vermutete,
daß dann Keudell der Vater dieser Intrigue gewesen sein würde.
Einen oder zwei Tage später kam Balan an mein Pult und
sagte: „Gratuliere, Herr Doktor. Ich habe eben Ihre Verfügung
1 Georg Hesekiel, Verfasser des „Buches vom Grafen Bismarck,“ der ersten
größeren Biographie.
Busch, Tagebuchblätter II 26