412 Dreiundzwanzigstes Kapitel April 1877
Im Jahre 1877 gestalteten sich meine Beziehungen zum Fürsten
noch mehr nach meinen Wünschen. Keil von der Gartenlaube wollte
ein großes Porträt von ihm bringen, und ich sollte ihm dazu einen
Text schreiben. Ich wandte mich deshalb mit einem Briefe an den
Fürsten selbst, indem ich u. a. vorstellte: „Es soll keine Biographie
sein, sondern eine Seite in Ew. Durchlaucht Leben und Wesen in
farbiger feuilletonistischer Weise behandeln. Ich habe mir Bedenk—
zeit ausgebeten und war zunächst nicht geneigt, auf die Arbeit ein—
zugehn. Dann aber überlegte ich mir folgendes. Die Gartenlaube
hat gegenwärtig über 300000 Abonnenten, also mindestens andert—
halb Millionen Leser, und wenn Ew. Durchlaucht etwa einen
Gedanken in die Welt zu werfen oder etwas Vergangnes zu erinnern
für nützlich hielten, so wäre das Blatt eine Anschlagsäule ersten
Ranges dafür, zumal es kein Tagesblatt ist, sondern dauernd auf—
liegt. Sodann schien mir zu berücksichtigen, daß, wenn ich den
Antrag ablehnen wollte, Herr Keil sich wahrscheinlich an einen
andern wenden und möglicherweise einen Ew. Durchlaucht weniger
Ergebnen mit Abfassung des Artikels beauftragen würde. Endlich
dürfte durch Erfüllung des gedachten Wunsches die jetzt recht gute
Stimmung des Herausgebers der Gartenlaube noch erhöht und ich
in den Stand gesetzt werden, auf das Blatt für künftige Fälle
Einfluß zu gewinnen.
„Sollten diese Erwägungen die Beistimmung Ew. Durchlaucht
finden, so darf ich vielleicht hoffen, daß Sie mir einen Wink in
betreff des Themas zukommen lassen und mich zugleich mit einigem
Material für die Ausführung unterstützen werden.
„Ich habe mich nicht eher an Ew. Durchlaucht wenden wollen,
da ich annahm, Sie würden erst in Varzin Muße finden, wenn
überhaupt, einigermaßen eingehend mit der Angelegenheit sich zu
beschäftigen. Haben Ew. Durchlaucht keinen Zweck vor Augen, der
sich mit einer derartigen Arbeit fördern ließe, so unterlasse ich die—
selbe, da ich mit ihr lediglich Ihren Wünschen und Interessen dienen
möchte.“
Ich fügte dann noch hinzu, daß Keil vermutlich auch einen
Cyklus von Schilderungen der Häuser und Güter, die der Fürst im
Laufe der Jahre bewohnt habe, und in deren Beschreibung sich
allerlei Politisches einflechten ließe, aufzunehmen bereit sein würde.