Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

10. Januar Sechzehntes Kapitel 31 
origineller Mensch. Ich habe da noch einen Brief von ihm an 
seinen Schwager, da heißt es: »Das Faß Rheinwein hat mir selber 
achtzig Reichsthaler gekostet; wenn der Herr Schwager das zu teuer 
findet, so will ich, so Gott mir das Leben läßt, es selbsten aus— 
trinken.« Dann: »Wenn der Herr Schwager das und das behauptet, 
so hoffe ich, daß ich ihm, so Gott mir das Leben läßt, einmal noch 
näher an den Leib kommen werde, als ihm lieb ist.« Und an einer 
andern Stelle: »Ich habe zwölftausend Reichsthaler auf das Regiment 
verwendet, und die verhoffe ich, so Gott mir das Leben läßt, mit 
der Zeit wieder herauszuwirtschaften.« — Das Herauswirtschaften, 
damit meinte er vermutlich, daß man sich damals auch für die Be— 
urlaubten und für die sonst nicht vorhandnen Mannschaften den 
Sold bezahlen ließ. Ja, ein Regimentskommandeur stand sich zu 
jenen Zeiten besser als heute.“ 
Man bemerkte, daß dies auch später noch der Fall gewesen 
sei, so lange die Regimenter von den Obersten geworben, bezahlt 
und gekleidet und den Fürsten nur vermietet worden wären, und 
daß es hier und da jetzt noch so sein möchte. Der Chef antwortete: 
„Ja, in Rußland, z. B. bei den großen Reiterregimentern in den 
südlichen Gouvernements, die oft sechzehn Schwadronen haben. Da 
gabs und giebts wohl noch jetzt auch andre Einnahmen. So er— 
zählte mir einmal ein Deutscher. Als der das Regiment über— 
nommen hatte — ich glaube, es war in Kursk oder Woronesch —, 
in diesen reichen Gegenden, da kamen die Bauern mit Wagen voll 
Stroh und Heu und baten, ob Väterchen nicht die Gnade haben 
wollte, es anzunehmen. »Ich wußte nicht, was sie wollten — sagte 
er —, und so wies ich sie ab, sie sollten mich in Ruhe lassen und 
ihrer Wege gehen. — Aber Väterchen sollte doch billig sein, sein 
Vorgänger wäre ja damit zufrieden gewesen; sie könnten nicht mehr 
geben, wären arme Leute. Ich kriegte das endlich satt, besonders 
als sie dringend wurden, auf die Kniee fielen und mich baten, es 
doch gnädigst zu behalten, und schmiß sie hinaus. Als dann aber 
andre kamen, mit Wagen voll Weizen und Hafer, da begriff ich 
sie und nahm es, wie andre es nahmen, und als die ersten mit 
mehr Heu zurückkehrten, sagte ich ihnen, sie hätten mich mißver- 
standen, es wäre vorhin genug gewesen, sie sollten das andre nur 
wieder mitnehmen. So verdiente ich, da ich das Heu und den
	        
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