Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

446 Dreiundzwanzigstes Kapitel 24. Juni 1877 
hat ihn mit dieser angenehmen Familie in Verbindung gebracht. 
Neben seinen Vorlesungen in Oxford hat er deren von Zeit zu Zeit 
auch in London gehalten, in denen er sich vor einem fashionabeln, 
auch weiblichen Publikum über die Entstehung der Sprache, den 
Ursprung der Religion und ähnliche Gegenstände verbreitete. Seine 
zahlreichen Gönner in Deutschland meldeten vor einigen Jahren, 
er habe sich erbitten lassen, auch hier in Straßburg Vorträge zu 
halten. Seine Freunde in England freilich stellten die Sache anders 
dar: sie wollten wissen, der Aufenthalt auf britischem Boden fange 
an, ihm unbehaglich zu werden, oder wie sie es ausdrückten, Eng- 
land had become too hot for him. Sei dem, wie ihm wolle, er 
erschien vorübergehend hier und las. Daneben aber beschäftigten 
ihn, wie man behauptet, auch andre Dinge, hochfliegende Hoff- 
nungen und Wünsche z. B., die ich nur andeute. So gut er in 
den Vorlesungen über den Ursprung der Religion die Forderungen 
und Ergebnisse der Wissenschaft mit der in England unerläßlichen 
gläubigen respectability zu verbinden verstanden hatte, fühlte er 
sich doch zum preußischen Kultusminister nicht qualifiziert. Allein 
es war kein neuer Gedanke, daß in Falks Nachlaß zwei sich teilen 
könnten, und das Departement des Unterrichts zuvörderst viel- 
leicht in Karlsruhe, dann in Berlin — hätte sein Selbstgefühl ver- 
mutlich nicht ausgeschlagen. Dazu mußte aber Falk doch erst be- 
seitigt sein; denn hereditas viventis non datur. 
„Auch Rückwirkungen von Osten nach Westen, vom rechten 
Rheinufer auf das linke sollen seit dem Winter von 1874 zu 75 
stattgefunden haben. Sie machten sich, wie man hört, durch leb- 
haftes Interesse für die angeblich in ihrem guten Rechte beschränkte 
französische Sprache, dann für französischen Sprachunterricht und 
zuletzt für französischen Religionsunterricht und priesterliche Reli- 
gionslehrer in den Mädchenschulen und Pensionaten des Reichs- 
landes bemerklich. In Beamtenkreisen erzählt man sich, daß sich 
in betreff dieser Materien geradezu eine Art von konkurrierendem 
Privatdezernat bis zur höchsten Instanz des Reichs hinauf und 
wieder von dieser herab ausgebildet habe. Erfolge freilich haben 
glücklicherweise die aus jenem Interesse entsprungnen Bemühungen 
von unten hinauf meines Wissens noch nicht zu verzeichnen. 
„Endlich geschah eine Reise nach Rom. Zwischen dieser und 
 
	        
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