Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

14., 16. Okt. 1877 Vierundzwanzigstes Kapitel 449 
Ihrer Ankunft zu benachrichtigen, da wir sonst möglicherweise nicht 
zu Hause sein könnten. Nächsten Sonntag oder Montag z. B. be- 
absichtigen wir auf einen vollen Tag über Land zu fahren nach 
einem etwa vier Meilen entfernten, meinem Vater gehörigen Gute. 
Mit der vorzüglichsten Hochachtung 
Ihr ergebener 
Graf Herbert Bismarck. 
Ich verfuhr nach diesen Andeutungen. Vor meiner Abreise aber 
bat ich Bucher um ein Rendezvous in Berlin, wo er mich über 
den Brauch des Hauses in Varzin und die geeignete Art meines 
Verhaltens dort aufklären sollte. Er erwiderte am 14. Oktober: 
„Wegen Abwesenheit des Staatssekretärs muß ich ziemlich den ganzen 
Tag in Nr. 76 sein. Eine Begegnung dort wäre aber nicht zweck- 
mäßig. Da Sie vielleicht Aufträge von Varzin mitbringen, ist es 
besser, Ihre Reise dahin wird nicht bekannt. Ich werde Montag 
vier Uhr in der Konditorei Ecke der Leipziger= und Wilhelm- 
straße sein." 
Als ich ihn dort aufsuchte, war er, von Geschäften abgehalten, 
nicht zugegen. Doch konnte ich später das Nötige mit ihm besprechen. 
Dienstag, den 16. Oktober reiste ich kurz vor ein Uhr mittags 
von Berlin ab, und zwar zunächst nach Stettin und von da nach 
dem hinterpommerschen Städtchen Schlawe, von wo man damals 
noch mit der Post oder Privatfuhrwerk nach Varzin fahren mußte, 
während bald nachher eine Eisenbahn über Stolp dahin führte. 1 
In Varzin hatte der Reichskanzler in den neun Jahren zwischen 
dem Herbst 1867 und dem Frühling 1877 den größten Teil der 
Zeit vom Grünwerden der Natur bis nach dem Blätterfall und 
zuweilen bis in den Winter hinein verlebt. Es war also ein be- 
rühmter Ort, auf den die Augen der Nation gerichtet waren. Es 
war ferner anzunehmen, daß der Fürst später seltener oder gar 
nicht mehr dahin kommen werde, da Friedrichsruh, seine Besitzung 
im Sachsenwalde, zu sommerlicher Erholung bequemer lag. Varzin 
konnte sich infolge dessen wesentlich verändern, und so schien es mir, 
es werde gut sein, wenn das Bild, das es jetzt darbot, für spätere 
Geschlechter fixiert werde. Notwendig werden dazu, so dachte ich 
1 nur nach Hammermühle, kaum eine Stunde von Varzin. 
Busch, Tagebuchblätter II 29 
 
	        
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