Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

456 Vierundzwanzigstes Kapitel 17. Okt. 1877 
niemals vorgekommen ist. Das war zwar recht schön, allein in- 
zwischen hatte Blanckenburgs Ungeschicklichkeit doch einen vorüber- 
gehenden Schatten auf meinen guten Namen geworfen, und darüber 
sind wir auseinandergekommen.“ 
Daran knüpfte er die Erinnerung an einen Bestechungsversuch, 
den ein gewisser Levinstein mit ihm angestellt hatte, als er im Be- 
griffe war, als Gesandter nach Petersburg abzugehen. „Er war 
— so berichtete der Fürst — ein Agent, der für Buol und zu- 
gleich für Manteuffel wirkte, spionierte, Aufträge ausrichtete und 
dergleichen mehr besorgte. Er kam zu mir mit einem Empfehlungs- 
briefe von Buol. Als ich fragte, womit ich ihm dienen könnte, 
sagte er, er komme, um mir mitzuteilen, daß ich ein gutes Geschäft 
machen könnte. Ich könnte dabei zwanzigtausend Thaler verdienen — 
auch mehr. Ich antwortete, ich spekuliere nicht, habe auch kein 
Geld dazu. — O, ich brauchte keins dazu, ich könnte es auf andre 
Weise. — Ich sagte, das begriffe ich nicht; was ich denn thun 
sollte? — Wenn ich meinen Einfluß in Petersburg anwendete, 
um ein gutes Verhältnis zwischen Rußland und Osterreich zu ver- 
mitteln. — Ich that, als ob ich mir das überlegen wollte, aber 
ihm nicht traute. Levinstein verwies auf seinen Empfehlungsbrief. 
Ich fand den ungenügeud und wollte ein schriftliches Versprechen. 
Der Jude aber war zu gerieben dazu und meinte, sein Brief legi- 
timiere ihn hinreichend. Jetzt wurde ich grob und sagte ihm, als 
er ging, die Wahrheit, daß es mir nicht einfiele, und drohte ihn 
die steile Treppe hinunterzuwerfen. Da zog er ab, nicht ohne 
vorher mit dem Zorne Austrias gedroht zu haben. — Bei Manteuffel 
hätte er ein besseres Verständnis und Annahme seines Vorschlags 
gefunden. Desgleichen bei Schleinitz, der wohl noch jetzt Sub- 
ventionen von Wien beziehen mag.“ 1 
Es war dann davon die Rede, dem Kronprinzen telegraphisch 
zu gratulieren, und der Chef wollte das thun. — Er fügte hinzu: 
„Bei seiner Frau Mutter unterlasse ich das geflissentlich — aus 
Gründen persönlichen Ehrgefühls. Denn — sagte er zu mir ge- 
wandt, der ich ihm zur Rechten saß — die Intriguen gegen mich 
  
1 Vgl. G. u. E. I, 212 ff. 
: Zum Geburtstage, 18. Oktober.
	        
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