Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

470 Vierundzwanzigstes Kapitel Varzin 
uns in das Zimmer der Fürstin blicken, das eine weiße Tapete hat 
und ungefähr ebenso wie der Salon möbliert, daneben aber mit 
hübschen Blattpflanzen in Töpfen geschmückt ist. Die Bilder sind 
teils Stahlstiche, teils Photographien. Unter den Stahlstichen sind 
einige von Kaulbachs Treppenhausbildern, unter den Photographien 
Porträts des Fürsten und seiner Söhne, eine Murillosche Madonna 
und die heilige Familie von Knaus. 
Die Zimmer des Fürsten sind im Erdgeschosse des Neubaus, 
in den man aus der Stube des Grafen Bill durch einen langen 
schmalen halbdunkeln Korridor gelangt, der an den Wänden mit 
Landkarten, Situationsplänen und ähnlichem behängt ist. Durch 
eine Flügelthür am Ende des Gangs treten wir zuerst in ein Gemach 
von etwa fünfzehn Schritt Tiefe und acht Schritt Breite, wo der 
Herr des Hauses seine Förster, Pächter, Verwalter und Bauern 
sowie die Handwerksleute, die für ihn arbeiten, empfängt. Die 
Wände und die Decke sind einfach weiß getüncht. An den Wänden 
läuft unten dem Anscheine nach braunes Eichengetäfel hin, das aber 
nur mit Lackfarbe aufgemalt ist. Ein breites Fenster giebt Licht. 
Der Tisch vor diesem, zwei große Schränke zu beiden Seiten, auf 
denen ausgestopfte Raub= und Sumpfvögel stehen, die mit Emblemen 
der Jagd in Schnitzwerk verzierten Großvaterstühle und das Gestell 
des gleich jenen mit schwarzem Leder bezognen Sofas sind von 
dunkelbraunem Eichenholz. An der Wand rechts vom Eingange 
steht ein hübsch geschnitztes oben durchbrochnes Schränkchen, hinter 
dessen Arabeskengitter roter Atlas hervorsieht, und auf dem zwei 
mächtige Trinkhörner liegen. Vom Kaminsims des Ofens grinst 
uns zwischen altertümlichen Glaspokalen ein etwa spannenhohes 
Bronzeteufelchen mit großen Fledermausflügeln an — wohl ein 
Vetter oder Oheim des kleinen Kobolds, der den Salon der Madame 
Jessé in Versailles bewohnte. Zwischen der Thür, die von hier 
in das nächste Zimmer führt, und dem Ofen trägt ein etwa manns- 
hohes phantomartiges Gestell eine schwarze Rüstung mit Sturmhaube 
und Beinschienen. Von Bildern enthält dieses Vorgemach nur zwei 
Stahlstiche, Jagdszenen aus den schottischen Hochlanden. 
Das nächste Zimmer ist die Bibliothek. Es hat nicht ganz 
die Tiefe des vorigen, ist aber beinahe doppelt so breit als dieses, 
sodaß es ein gleichseitiges Viereck bildet. Man geht hier wieder
	        
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