Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

18. Okt. 1877 Vierundzwanzigstes Kapitel 477 
unterirdische Gang fortläuft, wo er wieder zu Tage kommt, und 
wohin der Bedrohte sich von dieser Stelle aus weiter zu retten 
sucht, muß, solange der Fürst noch in Varzin verweilt, ungesagt 
bleiben, da der Zweck der Vorrichtung sonst vereitelt werden würde. 
Was über sie mitgeteilt wurde, ist als Warnung für solche, die 
sich gemeint fühlen können, eingeflochten worden. 
Ich folge nun wieder den Aufzeichnungen, die ich mir über 
andre Beobachtungen und Erlebnisse meines Aufenthalts in Varzin 
machte. 
Donnerstag, den 18. Oktober. Beim Frühstück erzählte 
der Chef allerlei Hübsches von den Dohlen in seinem Park, ihrer 
Lebensweise, ihren Sitten und ihrer Kindererziehung. Er las dann 
in den Erinnerungen der Gartenlaube, die er mitgebracht hatte, und 
wunderte sich, daß ich gesagt hatte, die Leute im Bauernhause von 
Herny hätten nicht viel guten Willen gezeigt, worauf er über unsern 
dortigen Wirt ungefähr das wiederholte, was er mir am 15. August 
1870 gesagt hatte. 13 
Am Nachmittag fuhren wir zum Fischfang, der Fürst, Tiede- 
mann und ich in dem einen, Graf Herbert und Baron Holstein in 
dem andern Wagen. Ein kleiner Teich im Walde war abgelassen 
worden, die Leute holten aber mit ihren Netzen nur etwa vier oder 
fünf große Karpfen und ungefähr ein Dutzend kleine sowie etliche 
Karauschen heraus, die wieder ins Wasser geworfen wurden. Der 
Fürst meinte, die übrigen großen würde wohl der Otter oder der 
Reiher gestohlen haben. Dann ging es weiter nach der obern 
Mühle an der Wipper, die hier durch Stauung seeartig breit und 
dicht am Rande schon achtzehn Fuß tief geworden war und beim 
Hinabgleiten in der künstlichen Rinne neben der Mühle wie ein 
kleiner Niagara brauste. Darauf wurde die zweite Mühle besucht, 
von der aus wir über eine Holzbrücke nach dem andern Ufer fuhren. 
Dabei sagte der Fürst zu Tiedemann mit Bezug auf mich, der ich 
vor ihm saß: „Stecken Sie dem doch den Henkel (am Paletot- 
kragen) hinein; es sieht aus, als sollte er daran aufgehenkt werden, 
und das hat er doch nicht verdient.“ Drüben verließen wir auf 
eine Weile die Wagen und stiegen eine Höhe hinan, die eine recht 
  
1 Vgl. Band 1, S. 77.
	        
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