Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

36 Sechzehntes Kapitel 11. Januar 
„Daß der Cockerill was ordentliches bekommen hat, ist er— 
freulich — bemerkt der Chef — ist ihm gesund. Die Dame dauert 
mich. Aber schade, daß Loftus selber dabei nicht gehörig durch— 
gehauen worden ist; da wären wir ihn losgeworden.“ 
Mittwoch, den 11. Januar. Wetter etwas weniger neblig, 
Kälte mäßig. Schon in der Nacht starkes Schießen. Am Morgen 
dann und den größten Teil des Tages hindurch ganz gewaltiges 
Gebrüll der schweren Geschütze hüben und drüben, unsrerseits, wie 
es scheint, aus neuen Batterien, von denen eine sich zwischen Saint 
Cloud und Meudon befindet. Ich zählte einigemal in der Minute 
über zwanzig Schüsse, doch konnte das Echo dabei sein. Der 
Minister war schon vor neun Uhr früh aufgestanden. Früh wurden 
auf seinen Befehl mehrere Telegramme über die Beschießung von 
Paris und die Gefechte bei Le Mans abgeschickt und zwei Artikel ge— 
macht, von denen der eine Beust gegen den Vorwurf doppelten 
Spiels in Schutz nahm, den das Vaterland in Wien auf Grund 
einer Vergleichung seiner Depesche an Wimpffen mit preußen— 
feindlichen Artikeln offiziöser Blätter erhoben hatte. Der andre, zu 
dem mir Delbrück „im Auftrage des Bundeskanzlers“ die Akten 
auf meine Stube heraufbrachte, und den ich für die Kölnische Zei— 
tung bestimmte, beschäftigte sich mit der Wiener Reklamation wegen 
gewisser von uns zurückgehaltner österreichischer Eisenbahnwagen. — 
Bernstorff meldet, daß Clement Duvernois, der frühere Minister 
Napoleons, hierher kommen will, um im Namen der Kaiserin über 
den Frieden zu unterhandeln. Diese wolle im Prinzip in Gebiets— 
abtretungen mit der von uns verlangten Grenze, ferner in Zahlung 
der Kriegskosten und in ein Besetzthalten gewisser Teile Frankreichs 
durch unsre Truppen bis zur Zahlung dieser Kosten willigen, auch 
versprechen, mit keiner andern Macht außer Deutschland wegen des 
Friedens in Verhandlung zu treten. Duvernois meine, sie sei zwar 
nicht populär, werde aber Energie zeigen und als gesetzliche Re— 
gentin mehr Ansehen haben und uns mehr Sicherheit gewähren, 
als eine von der Landesvertretung gewählte Persönlichkeit, die von 
dieser abhängig sein werde. Er hat Paris verproviantieren helfen, 
weiß daher, daß es bald fallen muß, und hat, da dieser Moment 
sofort benutzt werden soll, Eile mit seiner Transaktion. Ob man 
ihn empfangen wird, wenn er kommt? — Vielleicht, damit es die
	        
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