Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

21. Okt. 1877 Vierundzwanzigstes Kapitel 487 
geurteilt, und die Stelle von den sechs Schuß und den sechs Reserve- 
patronen gestrichen, von denen er bei seinen Mitteilungen über die 
Schlacht bei Gravelotte gesprochen hatte. „Ich habe das gewiß 
gesagt — bemerkte er —, und das über Radowitz wird auch ganz 
richtig sein. Wollen es aber doch weglassen; der Sohn dient jetzt 
unter mir."“ 
Ich ergriff sodann die Gelegenheit, da ich am nächsten Morgen 
fortwollte, ihm zu danken, daß er mir erlaubt habe, einige Tage 
in seiner Nähe zu verweilen; er habe mich damit sehr glücklich 
gemacht. 
Er gab mir die Hand und sagte: „Ich hoffe, wir haben uns 
nicht zum letztenmale gesehen. Ich halte was von ehrlichen Leuten.“ 
„Sie haben mir viel Vertrauen erwiesen,“ erwiderte ich. 
„Ich bitte es mir zu erhalten und an mich zu denken, wenn es in 
der Presse etwas zu thun giebt, wovon nicht jeder wissen soll." 
Ich fügte hinzu: „Durchlaucht haben uns allerlei Bedeutendes mit- 
geteilt. Das muß jetzt verschwiegen bleiben, aber es sollte doch 
für die Zukunft nicht verloren sein. Sie machen Geschichte, schreiben 
aber keine, vielleicht nicht einmal Memoiren.) Bucher scheint auch 
nichts aufzuzeichnen.“ 
Er schwieg. Dann sprach er von der Macht der Presse, die 
viel Schaden angerichtet habe. „Sie hat die drei letzten Kriege ver- 
anlaßt,“ sagte er. „Die dänische zwang den König und die 
Regierung zur Einverleibung Schleswigs, und die österreichische 
und die süddeutsche hetzten gegen uns, die französische hat zur Ver- 
längerung des Feldzugs beigetragen.“ 
Ich schlug ein andres Thema an. „Durchlaucht glaubten in 
Versailles einmal zu wissen, wie alt Sie würden,“ sagte ich. „Sie 
nannten verschiedne Zahlen, sieben und neun, aber ich weiß das 
Jahr in diesem Augenblicke nicht mehr. Mir ist, als wäre es sechsund- 
siebzig gewesen — ich meine das Lebensjahr.“½ 
  
*) Als ich Bucher hiervon erzählte, sagte er: „Nun, das ist doch nicht ganz 
so. Als er neulich abgehen wollte, äußerte er gegen mich, wenn ich auch nicht 
bleiben wollte, so sollte ich zu ihm nach Varzin ziehen; er hätte mir da einiges 
Wichtige aus der Vergangenheit zu diktieren, was er sich aufgeschrieben habe."“ 
1 S. Bd. I, 429.
	        
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