Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

508 Fünfundzwanzigstes Kapitel Schönhausen 
Schublade, auf dem ein Schränkchen ruht. Neben dem zweiten 
Fenster hat ein alter massiver Schrank aus Nußbaumholz, der schon 
den Erbauer des Hauses gekannt haben kann, und der vermutlich 
ebenfalls Litteratur beherbergt, mit seinen gewundnen Füßen Posto 
gefaßt. An der nächsten Wand treffen wir auf einen zweiten gelben 
Glasschrank, der wieder mit Büchern und Flugschriften, alten und 
neuen, gebundnen und bloß gehefteten, angefüllt ist. Die größern 
Bände dieser Bibliothek sind, wenn ich nach einer Musterung von 
einigen Minuten urteilen darf, meist von älterm Datum, viele aus 
dem vorigen Jahrhundert. In dem zuerst erwähnten Schranke stoßen 
wir unter anderm auf Büschings Erdbeschreibung und Gledows 
Reichshistorie, auf das Theatrum Europaeum, Zedlers Universal— 
lexikon der Wissenschaften und Künste, auf Gottfrieds Chronik der 
vier Monarchien und auf die deutschen Schriften Luthers. Der 
andre Glasschrank verwahrt, wie es scheint, vorzugsweise schöngeistige 
Litteratur, darunter Werke von Voltaire und Friedrich von Schlegel. 
An derselben Wand, wie dieser Schrank, steht weiter einwärts im 
Zimmer ein schwarzer Divan, über dem kleine Ol- und Pastell— 
gemälde hängen, die Glieder der Bismarckschen Familie darstellen. 
In der letzten Wand befindet sich zunächst die Thür, die nach dem 
Arbeitszimmer führt. Daneben folgt ein Sofa mit gelblichem Muster 
auf grünem Grunde, über dem wir wieder einige kleine Bilder in 
Kupferstich oder Wasserfarben gewahren. Beim Ofen, hinter dem 
die Wand mit blau und weiß glasierten Thonplatten belegt ist, 
schließt das Bild einer Dame, die mein Führer als eine Gräfin 
von Schulenburg bezeichnete, und die der Vater des Fürsten als 
Gemahlin heimzuführen bestimmt gewesen sein soll, die es aber aus 
irgend welchen Gründen nicht geworden ist, die Reihe dieser Porträts, 
von denen ich sonst noch ein hübsches kleines Brustbild der Groß- 
mutter des Reichskanzlers — es ist die von mütterlicher Seite, die 
Kabinettsrätin Mencke — hervorhebe. 
Nachdem wir noch in die anstoßende kleine einfenstrige Stube 
mit ihrer blau und weiß gemusterten Tapete, ihren alten verstäubten 
und verräucherten Kupferstichen, Szenen aus dem Leben Friedrichs des 
Großen, und ihrer riesigen Familienbibel einen Blick gethan haben, 
begaben wir uns ins zweite Stock, wo über dem großen Mittelsaale 
des ersten ein gleich geräumiger und ebenfalls von drei Fenstern
	        
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