Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

522 Fünfundzwanzigstes Kapitel Friedrichsruh 
beamten obliegen. Nur die Eisenbahn bringt täglich Leben in das 
Landschaftsbild, das ringsherum im engen Rahmen von tiefstiller 
Waldeinsamkeit umgeben ist, durch die man fast nach allen Rich- 
tungen mindestens eine Stunde Wegs hindurch muß, ehe man andre 
Ansiedlungen von Menschen erreicht, und die Empfindung davon 
giebt ihm besonders gegen Abend eine eigne melancholische Stimmung, 
die es an sich nicht hat, wie denn der prächtige Wald, namentlich 
im Herbst, wo seine Wipfel mit ihrem vielartigen Laube in zwanzig 
Farben brennen, Leben und Wechsel genug darbietet. 
Friedrichsruh ist eine verhältnismäßig neue Gründung und 
keineswegs, wie man glauben könnte, nach einem der Friedriche be- 
nannt, die abwechselnd mit Christianen früher Könige von Däne- 
mark und im jetzigen Jahrhundert auch Herzöge von Lauenburg 
waren. Noch in der Zeit des Siebenjährigen Krieges gab es in 
dieser Gegend des Sachsenwaldes nur das Dorf Aumühle, zu dem 
neun Bauernstellen, eine Schule und eine Kornmühle gehörten, des- 
gleichen eine Papiermühle, die im Jahre 1758 in eine Eisenhütte 
verwandelt wurde und in dieser Eigenschaft später in den Besitz des 
Hamburgers Daniel Wuppermann überging. Sie muß nicht un- 
bedeutend gewesen sein. Später kam noch ein Kupferhammer hinzu, 
der die Stangenmühle genannt wurde und einem andern Hamburger 
Namens Krohn in Erbpacht gehörte. Als die Eisenhütte einging 
— sie stand am Einflusse der Osenbeke in die Aue, also etwa da, 
wo jetzt ein Brückchen über die Aue nach dem Parke hinter Bis- 
marcks Wohnung führt —, trat an ihre Stelle eine Tuchfabrik, die 
bis in die neuste Zeit bestanden hat. Bei dem Kupferhammer nun 
und auf dem Grund und Boden, wo vordem ein Försterhaus ge- 
standen hatte, erbaute sich im Jahre 1763 der Graf Friedrich Karl 
August zur Lippe, Sternberg und Schwabenberg, „des branden- 
burgischen Roten Adlerordens Ritter,“ auf einem von der Landes- 
herrschaft erpachteten Stück Landes einen Wohnsitz, dem er den 
Namen Friedrichsruh beilegte, und wo er, ein eifriger Liebhaber 
der hier sehr ergiebigen Jagd, hauste, bis er 1781 sechsundsiebzig 
Jahre alt zu seinen Vätern versammelt wurde. Das Haus, unter 
dem wir uns keinen monumentalen Bau vorstellen dürfen, ist spur- 
los verschwunden, und nur der Name blieb an der Nachbarschaft 
haften, in der sich nach Eingehen des bis 1745 hier gewesenen
	        
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