Friedrichsruh Fünfundzwanzigstes Kapitel 523
landesherrlichen Vorwerkes Nienhof, von dessen Ländereien auch der
Graf zur Lippe fünfundachtzig Morgen gepachtet hatte, verschiedne
kleine Pächter angesiedelt hatten, und in der neben ihnen das Wirts-
haus entstand, das jetzt den Namen Landhaus oder Landkrug führt.
Als Friedrichsruh eine Station der Eisenbahn erhielt und dadurch
für die Hamburger ein beliebter Ort für Sonntagsausflüge und
Sommerfrischen geworden war, erbaute ein gewisser Specht aus
dem Nachbarstädtchen Bergedorf, der früher Bedienter eines Kauf-
manns in Hamburg gewesen war, eine kurze Strecke vom Landkruge
ein Logierhaus in einer Art Schweizerstil, das den Namen Frascati
erhielt. Die darin betriebne Gastwirtschaft ging aber nach ein paar
Jahren ein, und das Gebäude wurde vom Reichskanzler, als König
Wilhelm, damals noch unbeschränkter Herzog von Lauenburg, ihm
die Domäne des Sachsenwaldes als Geschenk überwiesen hatte,“
käuflich erworben und durch An= und Umbau in sein jetziges, nicht
gerade sehr stattliches, aber freundliches und behagliches, auch bis zu
einem gewissen Grade vornehmes Heim für Sommer= und Herbst-
ferien verwandelt.
Der Sachsenwald, der jetzt nahe an achttausend Hektaren oder
ungefähr dreißigtausend Morgen groß ist und die Strecke Land an
der Unterelbe umfaßt, die zwischen den Orten Wohltorf, Kröppels-
hagen, Dassendorf, Brunsdorf, Schwarzenbeck, Howekost, Möhnsen,
Kasseburg, Kuddewörde und der Bille liegt, gehörte in der ersten
Hälfte des Mittelalters dem Erzbischofe von Bremen, der ihn 1228
dem Herzog Albrecht zu Sachsen für dessen Ansprüche an Dit-
marschen und die Grafschaft Stade zu Lehn gab. In dem Ver—
gleiche, den die Städte Hamburg und Lübeck 1420 mit den Herzögen
von Sachsen und Lauenburg zu Perleberg über die Abtretung des
Amtes Bergedorf schlossen, wurde die Hälfte des Waldes mit Vor-
behalt der Jagd mit abgetreten. Die Herzöge dehnten jedoch dann
dieses ihr Jagdrecht so weit aus, daß sie die beiden Hansestädte
thatsächlich vom Mitbesitze des Waldes ausschlossen. Ein von
diesen deshalb beim Reichskammergericht angestrengter Prozeß dauerte
135, in Buchstaben einhundertundfünfunddreißig Jahre, wurde aber
zuletzt, 1684 zu Gunsten der Kläger entschieden. Doch ist das Ur-
1 24. Juni 1871.