40 Sechzehntes Kapitel 13. Januar
Heere und nicht gegen die friedlichen Bürger, erließ der Prinz
von Joinville einen Aufruf an die französischen Bauern, worin er
sie aufforderte, unsre Soldaten durch Meuchelmord umzubringen.
Um elf Uhr nachts noch schickt der König dem Chef die von
ihm mit Bleistift auf ein abgerissenes Stück Briefpapier geschriebne
Nachricht, daß wir bei Le Mans einen großen Sieg erfochten
haben. Der Minister sagt, indem er mir, sichtlich erfreut und ge-
rührt über diese Aufmerksamkeit, den Zettel giebt, damit ich die
Mitteilung telegraphiere: „Er denkt, daß der Generalstab mirs
nicht zukommen läßt. Do schreibt ers selber.“!1
Später einen Artikel der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung,
der über Roons Jubiläume berichtet, für den König zurecht gemacht.
Vor Schlafengehen noch erfahren, daß man im Fort Issy eine
Bresche bemerkt hat.
13. Januar, Freitag. Früh Nebel, nach zwölf Uhr blauer
Himmel. Es wird tüchtig geschossen. Am Vormittag Depeschen
studiert. Harleß hat sich mit einem Bittgesuch wegen der lutherischen
Kirche an den Chef gewandt, das mit der Wendung schließt, er
werde infolge einer Krankheit, die ihn wiederholt befallen habe, nun
wohl bald seinen Pilgerstab niederlegen müssen. Wertherns giebt
eine Charakteristik dieses geistlichen Herrn. Es heißt darin: Er
will mit seiner Partei eine orthodox-lutherische deutsche National-
kirche, weshalb anzunehmen ist, daß er ein Feind der Union und
somit des unionistischen Preußen ist. So erklärt sichs, daß er in
der letzten Zeit mit den katholischen Bischöfen zusammengegangen
ist. Sein Ziel ist ein protestantischer Papst, am liebsten hätte er
selbst diese Stelle. — Arnim berichtet aus Rom in blumigem Stil
über den Besuch, den Viktor Emanuel der ewigen Stadt gemacht
hat. Er meldet von einem Referat des Nuntius Chigi in Bor-
deaux über einen Versuch der dortigen Regierungsdelegation, die
Vermittlung des Papstes für den Frieden zu gewinnen. Der Kar-
1 Dasselbe teilt Abeken S. 481 mit, den 12. abends. — Die Schlacht bei
Le Mans 10. bis 12. Januar.
2 Das 50 jährige Militärjubiläum am 9. Januar. Roon war damals an
einem hartnäckigen Katarrh erkrankt. Denkwürdigkeiten III4, 277 ff.
3 Der preußische Gesandte in München.
4 Am 21. Dezember 1870.