Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

November 1878 Sechsundzwanzigstes Kapitel 537 
Tode Bismarck-Bohlens, unsers Kriegsgefährten im französischen 
Feldzuge. Es war eine doppelt betrübende Kunde: der lustige Graf 
war ein trauriger Graf geworden und hatte sich (in Venedig) selbst 
den Tod gegeben. 
Zu Anfang des Novembers wurde das Buch „Graf Bismarck 
und seine Leute“ von der Verlagshandlung versandt. Sofort all- 
gemeines Aufsehen erregend, erfuhr es in der deutschen und bald 
auch in der ausländischen Presse die verschiedenste Beurteilung und 
blieb mehrere Wochen in weiten Kreisen Gegenstand des Gesprächs. 
In einem Punkte trafen alle Urteile zusammen: Der Verfasser 
hatte die Wahrheit sagen können, und er hatte sie sagen 
wollen. Im übrigen gingen die Meinungen weit auseinander, und 
zwar sowohl über die Absicht und die Berechtigung des Autors bei 
seinen Mitteilungen als über den litterarischen Wert seiner Leistung. 
Merkwürdig war dabei, daß die Kritiken meistens um so günstiger 
lauteten, je weiter der Ort, wo sie erschienen, von Berlin entfernt 
war, komisch, daß manche ihre Ansicht über das Buch aussprachen, 
ohne mehr als Auszüge daraus, die nur das Sensationelle heraus- 
gefischt hatten, gelesen zu haben; gar nicht hübsch endlich, daß 
mehrere Blätter es, nachdem sie ihm das nach ihrem Geschmack 
Interessante entnommen und Spalte auf Spalte ihrer Feuilletons 
damit gefüllt hatten, unfreundlich behandelten. 
Das Urteil der meisten größern Zeitungen Deutschlands war 
mehr oder minder abfällig, die kleinen schrieben das mit einigen 
Ausnahmen in herkömmlicher Weise nach. Wohlwollen und An- 
erkennung fand der Verfasser nur bei wenigen Organen der Presse, 
die zum Teil auch erkannt hatten, was der eigentliche Kern und 
Zweck seines Werkes war. Die Weserzeitung empfahl es als „eine 
Sammlung von vielsagenden, prägnanten Details, die eine förm- 
liche Schatzkammer zu nennen ist.“ Der Hamburger Korrespondent 
schrieb: „Aus Buschs Tagebuchblättern tritt uns das berühmte 
Reichskanzlerbild so lebensvoll und farbenreich entgegen, wie aus 
keiner der bisher erschienenen Biographien, und nicht minder inter- 
essant sind die begleitenden Nebenumstände und der geschichtliche 
Hintergrund gezeichnet.“ Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung 
nannte das Buch ein „in hohem Grade lesenswertes und lehrreiches“ 
und bemerkte: „So viel Publikationen über die Ereignisse von 1870.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.