Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

48 Siebzehntes Kapitel 16. Januar 
Ludwig an den Kanzler, worin er diesem für seine Glückwünsche 
zum neuen Jahre dankt, sie erwidert und dann auf Grund der 
Bedeutung Bayerns und der tapfern Mitwirkung seines Heeres An— 
spruch auf Gebietserweiterungen erhebt — ob für Bayern, ist nach 
der Stellung der Sätze nicht völlig gewiß, aber sehr wahrscheinlich. 
Bamberg, der wie alle Abende um Information für den 
Moniteur kommt, erklärt mir die Bedeutung des Buchsbaumzweiges 
an der Wand über meinem Bette: er ist am Palmsonntag in der 
Kirche geweiht worden und bleibt das ganze Jahr über an seiner 
Stelle. Wahrscheinlich spielt er als Schutzmittel gegen Krankheiten, 
böse Geister, Hexen u. dergl. eine Rolle im Volksaberglauben der 
Franzosen. 
Um neun Uhr zum Chef gerufen: ich soll nach den Akten einen 
Artikel über unfre Stellung zu den amerikanischen Schiffen mit 
Kriegskontrebande machen. Leitpunkt ist dabei der 13. Artikel des 
Vertrags von 1799. Wir können solche Schiffe nicht kapern, sondern 
dürfen sie nur für die Dauer des Krieges anhalten oder uns die 
Kontrebande gegen Quittung aushändigen lassen und müssen in 
beiden Fällen billige Entschädigung leisten. Den Aufsatz sofort verfaßt 
und in den Briefkasten im Büreau gelegt. 
16. Januar, Montag. Tauwetter, Himmel bedeckt, viel 
Wind von Südwesten her. Man kann wieder weit sehen, aber seit 
gestern nachmittag ist kein Schuß mehr zu hören. Stockt das 
Bombardement? Oder verweht der Wind den Schall der Schüsse? 
Früh den Brief Trochus an Moltke gelesen, worin er sich darüber 
beklagt, daß unser Feuer im Süden von Paris Spitäler und andre 
Asyle getroffen habe, obwohl diese mit Fahnen als solche bezeichnet 
seien, meint, daß dies nicht Zufall sein könne, und auf die inter- 
nationalen Verträge hinweist, nach denen diese Anstalten unverletzlich 
seien. Moltke hat sich entschieden gegen alle Absichtlichkeit verwahrt. 
Die Humanität, mit der wir den Krieg geführt hätten, „soweit der 
Charakter, der französischerseits demselben seit dem 4. September ge- 
geben worden, es zugelassen habe,“ sichere gegen solchen Verdacht. So- 
bald klare Luft und kürzere Entfernungen unfrer Batterien von Paris 
es ermöglichten, die Genfer Fahnen auf den betreffenden Gebäuden zu 
erkennen, würden auch zufällige Beschädigungen vermieden werden 
können. — Später die Verfolgung Chanzys durch unfre Truppen
	        
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