Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

23. Januar Siebzehntes Kapitel 71 
und Johanniter von Frankenberg zugegen. Von der Unterhaltung 
bei Tafel nichts zu notieren.1 
Abends bald nach sieben Uhr traf Favre selbst bei uns ein, 
und der Kanzler hatte eine Unterredung mit ihm oben in der kleinen 
Stube neben der seinigen, die früher der älteste Sohn der Witwe 
Jessé bewohnt hat. Diese Besprechung dauerte etwa dritthalb Stunden. 
Unterdes unterhielten Hatzfeldt und Bismarck-Bohlen unten im 
Salon den Begleiter Favres, dessen Schwiegersohn Martinez del 
Rio. Er wäre, heißt es, eigentlich Porträtmaler, aber comme 
secrétaire mit seinem Schwiegervater herausgekommen. Beide be- 
kommen auch zu essen, Kotelettes, Rührei, Schinken u. dgl., was 
den armen Märtyrern der Hartnäckigkeit wohlthun wird. Kurz vor 
ein Viertel auf elf Uhr gehen beide wieder, um in dem vor der 
Thür haltenden Wagen nach ihrer hiesigen Wohnung zu fahren.? 
Diese ist auf dem Boulevard du Roi ausgesucht, in einem Hause, 
wo zufällig auch Stieber und die Feldpolizei ihre Quartiere haben. 
Hatzfeldt begleitet die Herren dahin. Favre sieht ziemlich nieder- 
geschlagen und in der Kleidung etwas derangiert aus. Sein 
Schwiegersohn, ein kleiner Mensch mit südlichem Typus, desgleichen. 
Uslar hat sie von den Vorposten hierher begleitet. 
Der Chef fährt nach halb elf Uhr zum König und kommt nach 
etwa drei Viertelstunden wieder. Als er zu uns in das Theezimmer 
tritt, sieht er ungemein vergnügt aus, setzt sich, läßt sich von mir 
Thee einschenken und ißt ein paar Bissen trocknes Brot dazu. Nach 
einer Weile sagt er zu seinem Vetter: „Kennst du das?" worauf 
er eine kurze Melodie pfeift, das Signal der Jäger, das verkündigt, 
daß der Hirsch erlegt ist." 
Bohlen antwortet: „Ja — gute Jagd.“ 
Chef: „Nein, das geht so,“ worauf er eine andre Weise pfeift. „Es 
war das Hallali,“ sagte er dann. „Ich denke, die Sache ist gemacht.“ 
1 Abeken 488 f. vom 23. Januar abends. Graf Frankenberg erzählt, 
Bismarck habe vor allem über die Bedingungen für Paris gesprochen (etwa wie 
am vorigen Tage), und erwähnt unter den Gästen auch Delbrück. Poschinger, 
Bismarck und die Parlamentarier III, 252. 
*? Abeken 489. 
3 Dasselbe erzählt als Ohrenzeuge Abeken 504, datiert vom 9. Februar. 
Schneider III, 161: „Als er [Bismarck] die Treppe (vom Königl herunterkam,
	        
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