24. Januar Siebzehntes Kapitel 75
nicht sehr am Herzen, aber die Kaiserin in London. — Jedoch trotz
seiner Verliebtheit — so wie Werther wäre er doch nicht reingefallen."
Man gedachte des Ablebens einer niederländischen oder belgischen
Prinzessin, 1 und Abeken drückte pflichtbewußt seine Betrübnis über
den Sterbefall der hochseligen Dame aus. Der Chef aber sagte:
„Wie kann Ihnen das nur so zu Herzen gehen? Meines Wissens
ist doch kein Belgier hier am Tische und auch kein Vetter.“
Er erzählte dann, daß Favre sich gegen ihn beklagt habe, daß
wir auf die Kranken und Blinden — das Blindeninstitut — schössen.
„Ich weiß nicht, was Sie sich darüber beschweren, sagte ich ihm.
Sie machen es ja noch viel schlimmer, Sie schießen auf unfre
rüstigen und gesunden Leute. Welch ein Barbar! wird er da gedacht
haben.“" — Man erwähnte Hohenlohes und seiner Verdienste um
den Erfolg der Beschießung. Chef: „Ich werde vorschlagen, ihm
den Titel Poliorketes zu verleihen.“ — Die Unterhaltung lenkte
sich auf Statuen und Gemälde der Restaurationszeit und deren
Unnatur und Geschmacklosigkeit. „Da erinnere ich mich — sagte
der Chef —, der Minister Schuckmann, den hatte seine Frau gemalt
— ich glaube, man nannte es en coquille — in einer rosenroten
Muschel, und dabei hatte er eine Art antikes Kostüm an, bis hierher
(zeigt auf die Magengegend) nackt, wie ich ihn nie gesehen habe.“ —
„Der gehört zu meinen frühesten Erinnerungen. Die gaben öfters,
was man zu jener Zeit Assemblees nannte, und was jetzt Rout
heißt — einen Ball ohne Abendbrot. Da gingen meine Eltern
gewöhnlich hin.“ Er beschrieb dann wieder den Anzug seiner Mutter,
worauf er fortfuhr: „Später war da ein russischer Gesandter in
Berlin, Ribeaupierre, der gab auch solche Bälle, wo bis um zwei
Uhr getanzt wurde, und wo es nichts zu essen setzte. Da weiß
ich, daß ich und ein paar gute Freunde oft dort waren. Zu-letzt
aber kriegten wir es satt und spielten ihnen einen Streich. Als
es spät wurde, zogen wir Butterbröte aus der Tasche, verzehrten
sie und schmissen die Papiere, als wir fertig waren, in den Saal.
Hernach, das nächste mal, gab es zu essen, aber wir waren nicht
wieder geladen.“
1 Wohl der Prinzessin Friedrich der Niederlande, geb. Prinzessin Luise
von Preußen, der Schwester des Kaisers. 6. Dezember 1870, siehe Schneider
III, 114.