Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

Acktzehntes Kapitel. 
Waãhrend der Verhandlungen über die Kapitulativn 
von Paris 
Wittwoc, den 25. Januar. Früh Briefe geschrieben, einen 
Artikel und ein Telegramm gemacht und Depeschen und Kon- 
zepte gelesen. Unter diesen nichts Bemerkenswertes. Nachmittags 
Dr. Good im Kloster auf der Rue Saint Honore besucht, wohin 
er sich seiner Krankheit halber hat bringen lassen. Er erklärt sie 
für unheilbar und spricht von seinem baldigen Tode. Schade um 
den höchst liebenswürdigen Mannl 
Bei Tische ist Graf Lehndorff zugegen. Das Gespräch dreht 
sich zuerst um die bedeutenden Verluste, die die Franzosen bei ihrem 
Ausfall am 19. erlitten haben, dann um unfsre eignen während des 
ganzen Feldzugs. Hierauf giebt der Fisch, den wir heute essen 
— es sind Mulets, wie ich verstehe, aus dem Adriatischen Meere 
gebürtig und vom Bankier Bleichröder gespendet —, Stoff zu weiterer 
Unterhaltung, an der sich der Chef als Kenner lebhaft beteiligt. 
Er ist, wie das schon oft hervortrat, ein großer Freund von Fischen 
und Wassertieren überhaupt. 
Von Fischen kommt man auf Austern und von deren Tugenden 
auf verdorbne Austern zu reden, die Lehndorff mit Recht für das 
Gräßlichste erklärt, was zu denken sei. 
„Ja — sagt der Chef —, was die betrifft, so erinnere ich mich 
an meinen armen Vater. Der hatte zuletzt allen Geschmack und 
Geruch verloren. Er konnte nicht recht mehr schlucken und sollte 
bloß noch Austern essen. Wenn ich nun so bei ihm saß, da nötigte 
er mich, mit zuzulangen. Sie kamen jedoch gewöhnlich nicht frisch 
an — es gab damals noch keine Eisenbahn bei uns —, und ich 
sagte, wenn ich das merkte, ich hätte keinen Appetit. Er aber wurde
	        
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